BONEHOUSE - TOURTAGEBUCH

VON DER "SYNAPSEN_POGO"-TOUR 2004

Wenn ich dieser Tage urplötzlich in hysterisches Kichern verfalle, liegt das am zurückliegenden Oster-Wochenende bzw. an immer wieder gnadenlos auftauchenden Erinnerungen, die damit zusammenhängen. Die Ostertage haben wir für eine kürzere Tour genutzt, wobei es verdammt schwer war, am Karfreitag einen Gig zu bekommen. Überall hatten irgendwelche Pfaffen Auftrittsverbote durchgesetzt. Doch schließlich stand eine Show in Freiburg und dann neben RAWSIDE auch noch mit POISON IDEA - yeah! So war es jedenfalls geplant... Weitere Stationen waren Essen (wo wir lediglich vorglühen wollten), Bregenz (Österreich) und Bremgarten (Schweiz). Und ich hab immer brav wat ins Tourtagebuch geschmiert, mal sehen, ob ich noch alles entziffern kann! Also ab in den ersten Akt:
   
08.04. 2004 Essen, "Zeche Carl"
09.04. 2004 Freiburg, "KTS"
10.04. 2004 Bregenz, "Between"
11.04. 2004 Bremgarten (bei Zürich), "KuZeB"




08.04. 2004
Essen, "Zeche Carl"
BONEHOUSE, DRITTE WAHL, DISCHARGE, LOKALMATADORE, TOXOPLASMA, RAWSIDE, SS KALIERT

FUCK EASTERN!
Tscha, heute hätten wir in Essen auf dem Ruhrpott Punk Superbowl II-Festival mitspielen können, aber aufgrund widriger Umstände konnten wir nicht garantieren rechtzeitig vor Ort sein zu können und nahmen dat Angebot nicht an. Aber wollen wir zuhause rumsitzen und Maulaffen feilbieten? Fuck - nein! Lieber einfach so nach Essen fahren und schon mal für die weiteren Konzis vorglühen. Kurz vor Abfahrt meldet sich spontan auch Fab (der Neu-Kieler mit befristeter Duldung) und fragt, ob er mitfahren könne. Leider aber befürchten wir, dass unser Leihwagen so klein ist, dass wir nicht mal wissen, ob wir Mixerwixer Lew (alias G.B. Glace) überhaupt da mit reinkriegen. Der Gute sitzt wohl schon zu Hause auf Abruf und somit auf heißen Kohlen. Doch Fab ist so heiß, dass er tatsächlich mit seiner eigenen Karre mitfährt. Im Nachhinein DIE Rettung, denn der Leihwagen wäre VIEL zu lütt gewesen. Alles im Lot? NEIN! Denn per Handy melden sich RAWSIDE, dass es für den Gig morgen in Freiburg massive Probleme gibt: EINEN TAG VORHER fällt irgendwelchen Stadtfuzzis ein, ein Auftrittsverbot zu verhängen, da ja Karfreitag sei. Mein fester Vorsatz für näxte Woche: ENDLICH AUS DER KIRCHE AUSZUTRETEN!
Trotzdem steigt die Stimmung auf der Fahrt, denn in Essen werden wir neben RAWSIDE und DRITTE WAHL auch viele andere Freunde wieder treffen.
In der Tat sind wir erst gegen 22:00 Uhr in Essen, die Gig-Absage war also berechtigt (wobei wir auch ein paar Pinkelpausen mehr als normal gemacht haben. Warum wohl...).
SS KALIERT, TOXOPLASMA & RAWSIDE sind schon durch - schade! Begrüßungsarien folgen, Humpen klirren, vor der Zeche stehen HUNDERTE von Punx, ein Scherbenmeer wohin dat Auge reicht. Irgendwann steh ich im Innenraum der Zeche - LOKALMATADORE spielen. Da gibbet nix Neues zu berichten. Wie immer halt, aber irgendwie wie ein Witz, den man zum x-ten Mal erzählt bekommt. Das Publikum feiert die Band natürlich ab, bei "Viva Lokalmatador" singen ca. 300 Leute mit...
Gespannt bin ich auf DISCHARGE, von deren Hamburger Gig Dremu-Kollege Hendrik auf www.dremufuestias.de in den höchsten Tönen geschwärmt hat. Erstmal endloser Soundcheck. Minuspunkte schafft auch das Dicke-Hose-Extra-Evil-Intro, zu dem die Band unter Trockennebel aufmarschiert. "Sehen genau so aus, wie Hendrik geschrieben hat", denk ich grad, da geht es auch schon los - leider ist der Sound grottenschlecht. Wo ist die Gitarre? Auch die Stimmung ist etwas komisch, viele kommen erst gar nicht wieder in die Halle, andere rufen von vorneherein "FUCK YOU!". DISCHARGE spielen ganz offensichtlich gegen ihren eigenen legendären Ruf an. Viele geben der Band keine Chance, zumal sie nicht mit Originalsänger auftreten. Doch lässt man alle Vorurteile beiseite, bietet sich einem ein ASTREINES HC/Punk-Gewitter! Direkt vor der Bühne kommt auch mehr Punch rüber, da man die Backline mithört. Und jetzt merke ich, wie ich in Stimmung komme. VARUKERS-Sänger Rat singt anders als Cal, klar - aber er bemüht sich, die originalen Gesangslinien zu treffen. Und 'ne geile Ausstrahlung hat der Typ sowieso. Fast nur Classics werden in die Zeche geballert: "Ain`t No Feeble Bastard", "Hear Nothing, See Nothing, Say Nothing", "Protest & Survive" oder das heut besonders krasse "A Hell On Earth". Mir gefällt die Band von Song zu Song besser, das anfänglich befremdliche Gefühl durch die seltsame Stimmung weicht doch einer ziemlichen Begeisterung. Rein musikalisch kann man diese Art Mucke nicht besser zocken. Leider gibt es gegen Ende noch 'nen Dämpfer, da sich ein Skin und ein Punk massiv auf die Fresse hauen. Interessant: Am Merch-Stand gibt es eine CD mit neuen Aufnahmen ("Tour-Edition 001"), die schon Rat am Mikro präsentieren.
Zwischendurch lernt man auch mal den neuen RAWSIDE-Trommler Simon kennen, der heute seinen ersten Gig hatte. Jo, zu DRITTE WAHL ist die Hütte wieder dreimal so voll wie zu DISCHARGE, die für die Deutschpunks wohl zu schnell gewesen waren. DRITTE WAHL hauen mal wieder einen begeisternden Gig auf die Bretter, auch wenn sie nicht in Höchstform sind. Besonders geil finde ich, dass die Band bei jedem Gig kleine Überraschungen einbaut, Gesangslinien ändert und so auch für den häufigen DW-Gig-Besucher interessant bleibt. Der Publikum geht sowieso ab, ständig sind Diver auf der Bühne (nervig ein Punk, der immer mehrere Songs lang auf der Bühne bleibt, rumpost und sich ziert, endlich mal zu springen). Auch bei besoffenen Nasen, welche immer wieder für Chaos sorgen, bleiben Buschn und Gunnar locker. Geil, wie es diese Band immer schafft, eine ausgelassene & positive Stimmung zu erzeugen. Zur schicken Sideshow avanciert (mal wieder...) unser Karl-Heinz, der schon Rat öfters das Mikro aus der Hand gerissen hatte: Eben hat er noch Buschn beim SLIME-Cover "Yankees Raus!" vor Begeisterung den Mikroständer in die Fresse gekickt, jetzt krabbelt er völlig unverfroren während eines Songs auf der Bühne rum und schnorrt den Drummer Krel um ein Bier an. Tz tz...
Yeah, abschließend teilen wir uns pennplatzmäßig auf die Kumpels Samson, Charly und André auf. Dabei ziehen Fab und ich das große Los, weil André zufällig gerade seine Vinylsammlung verhökert. Für wenig Euronen greifen wir da ganz geile Granaten ab. Ich erwisch z.B. die RAWSIDE-7" mit den VKJ-Songs und die erste OXYMORON-7". Gute Nacht, ab morgen geht es RICHTIG los...

 

09.04. 2004
Freiburg, "KTS"
BONEHOUSE, DINGO, PILLOCKS, RAWSIDE

TOTAL CHAOS!
Hin und her in Bezug aufs Crash (wo das Konz stattfinden soll): Gestern Abend hieß es noch, die Show könne nach 24 Uhr starten, da dann der "heilige" Karfreitag vorbei sei. Doch jetzt während der Fahrt erreicht uns die Horrormeldung, dass POISON IDEA ihren Gig krankheitsbedingt abgesagt haben!

Und das Crash meint nun, dass "nur" RAWSIDE und BONEHOUSE nicht soviel Knete reinbringen wie ihre Pimmeldisse. Schönen Dank! Wir beschließen vor Ort ins autonome Zentrum KTS zu fahren, um dort zu fragen, ob wir da zocken können. Allerdings gehen Gerüchte um, dass dort bereits VIER Bands spielen. Der Tag bleibt lange spannend. Zuerst besuchen wir Bollers Schwiegereltern, kehren dann im "Walfisch" ein, der Kneipe des Veranstalters Mitch. Den packen wir auch gleich mit ein und fahren zum KTS. Geiles AZ - wie viele leider akut von der Schließung bedroht. Dort hätte man von Anfang an fragen sollen! Der dortige Veranstalter Mickey hätte dann die große Halle klar gemacht, sagt er. Jetzt hat er zu wenig Helfer und Equipment und hat alles im kleinen Zockraum geplant. Coolerweise hat er nix dagegen, dass beide Bands mitspielen, will aber die endgültige Entscheidung den beiden geplanten Bands überlassen. Und yeah - auch die sehen alles cool, schlagen für uns "Gastbands" die Positionen 1 und 4 vor. Beim Losen zieh ich leider die 4 (wobei ich im Nachhinein vermute, dass Henne, der Fuchs, mir zwei Zettel mit jeweils einer Vier hingehalten hat...).
Kreuz und quer düsen wir durch Freiburg. Walfisch, Hotel, KTS... Die Herberge wirkt ein wenig surreal, alles duftet nach Weihrauch/Räucherstäbchen, entrückt lächelnde Hippies zupfen auf Wanderklampfen und begrüßen uns wohlwollend...
So ist es ruckzuck 23:00 Uhr und RAWSIDE starten im nach wenigen Songs proppevollen Saal. Offenbar hat es sich in Freiburg zumindest bei einigen Leuten rumgesprochen, das dat Konz heute nicht völlig ausfällt. Andere sind natürlich nur wegen PILLOCKS und DINGO da und wundern sich, wer da nu spielt. Daher geht auch nicht so viel wie gewohnt bei RAWSIDE ab, für einige ist das doch klar zu brutal. Wobei es auch supereng ist und erste Pogoversuche gleich für Unmut sorgen, der fast in eine Schlägerei ausartet. Superderbe kommen die neuen Songs "Fuck You All" und "Es herrscht Krieg", die wirklich nahtlos neben Klassikern wie "Riot" oder "Staatsgewalt" bestehen. Der Neudrummer Simon kloppt druckvoll rein, beendet nur einen Song etwas zu früh, was die RAWSIDErs mit Humor nehmen. Geilerweise ham die Barzis wieder das VKJ-Cover "Vaterland" ins Programm genommen, meinen persönlichen VKJ-Fave.
Henne erzählt danach, dass er während des Auftritts bei Hautkontakt mit den anderen "kleinere" Stromschläge bekommen hat. Super!
Dann startet also das "normale" Konzert mit den überaus sympathischen Jungs von PILLOCKS. Die machen ganz netten Punkrock mit Ska-Einschlägen, die vor allem durch den Saxophonisten reingebracht werden. Die Mischung ist zwar nicht megaoriginell, macht aber Spaß und lädt zum Tanzen ein. Insgesamt sind die Freiburger eher ruhig, dat war letztes Mal im Café Atlantik auch schon so, aber so langsam geht vorne ein gepflegtes Tänzchen. Ein völlig besoffener Asi nervt ganz schön ab, weil er einfach orientierungslos durch die Gegend eiert und sich permanent auf die Schnauze legt. Irgendwann schafft er es, sich so zu verletzten, dass ihm wat aufplatzt und alle Umstehenden mit Blut besudelt werden. Überhaupt scheinen sich so ziemlich alle dementen Psychos hier versammelt zu haben, die das ansonsten so beschauliche Freiburg zu bieten hat. Geil: Draußen hocken haufenweise Punx vor ihren mitgebrachten Kaserekordern und pflastern sich die Hucke voll.
Die Japaner DINGO sind als Nächstes dran. Der Sänger hat schon im Vorfeld für 'nen amtlichen Brüller gesorgt. Der hat unsere komplette Discografie + 2 T-Shirts gekauft - allerdings im Glauben, dass der eben gesehene Auftritt von RAWSIDE nicht von RAWSIDE, sondern von BONEHOUSE war... Na ja, DETAILS... Wie bei vielen Jap-Bands stimmen Outfit und Show zu 100%. Schminke, Nieten, Tattoos und Posen galore. Das Publikum ist begeistert, feiert den melodischen Punkrock im Old School Garagen-Stil gut ab. Schade, dass die Jungs kaum Englisch können, hätte gern mehr mit denen geschnackt, denn die haben schon in diversen z.T. echt interessanten Bands gespielt, der Sänger soll fünf Plattenläden besitzen usw.

Wir sind gespannt, ob zumindest Teile des Pöbels noch bleiben?!? WISSEN überhaupt viele, dass noch eine Band kommt? Nicht, dass es uns hindern würde, auf der Bühne Spaß zu haben, wenn nur 2 Punks und 5 besoffene Hunde bleiben würden. Doch der Schuppen bleibt recht voll, gut gut. Lange nicht geprobt, ey. Waren schließlich die letzten fünf Wochen nur im Studio zugange. Dazu isses voll dunkel auf der Bühne und ein Monitorsound eher Ahnungssache. Da schleichen sich einige Schweinereien ein. Aber unter uns: Drauf geschissen! Nur "My Definition" kackt etwas ZU sehr ab. Wie wir bei völligem Auseinandergleiten ALLER Instrumente dat Ding trotzdem zu Ende bringen, ist mir jetzt noch ein Rätsel. Mittendrin muss Boller auf die Bühne kommen, um das Brett vor Kalles Bassdrum wieder auf den Bühnenboden zu nageln. Dat verführt zu Vergleichen zum Anlass des Osterfests, so von wegen hämmern und festnageln... Manche kommen mit den Ansagen gar nicht klar, andere um so mehr. RICHTIG sauer wird ein Skin, der zwischendurch immer "bla bla bla" und "Haare schneiden!" ruft und den ich mir daraufhin zum Opfer verbaler Attacken ausersehe. Lewe schwört später, dass ich nur Millimeter davon entfernt war, aufs Maul zu kriegen. Aber wer "bla bla bla" ruft, kriegt Kontra! "Wenn du keine Ansagen hören willst, dann geh nach Hause, Platten hören. Ich mach hier gleich SPOKEN WORD". Is doch wahr, oder wat? Als ich ihm vor "Destroy The City" unterstelle, er sei gerade vandalisierenderweise durch die Innenstadt gezogen und ihm dabei an die Stirn tippe, ballt der schon die Fäuste, wird aber von seinen Kumpels zurückgezogen. Witzig, dass er sich bei den Songs immer wieder entspannt und sogar mitgeht! Mir macht der Gig richtig Spaß, denn trotz dieser Situationen fühle ich mich sehr entspannt und mach mich gern zum Affen.
Insgesamt ein verdammt kurzweiliger Abend. Respekt und Dank geht an ans KTS & Crew, die so spontan zwei weitere Bands mit ins Programm genommen haben! Und an PILLOCKS und DINGO natürlich! Hoffentlich bleibt der Schuppen.
Auf der lockeren Party danach spricht mich ein Crustie darauf an, warum ich auf der Bühne "88 - jetzt geht's los!" gesagt hätte. HÄH? Ich denk, der Typ ist voll verstrahlt und versichere ihm, dass ich natürlich NIX dergleichen gesagt hätte (würde ja wohl auch schlecht zum gesamten Rest der Ansagen passen...). Aber erst Stunden später fällt uns im Hotel ein, dass ich tatsächlich etwas Ähnliches gesagt habe! Allerdings auf die acht Anzähler von "Onward To Mayhem" bezogen. Der Song beginnt nämlich auf 12341234 und als irgendwer zu früh einsteigen wollte, hatte ich "8! 8! JETZT geht's los" gesagt... So schnell kann man missverstanden werden und BONEHOÚSE sind nu die Landserrocker vorm Herrn.
RAWSIDE lassen bereits seit ihrem Gig die Tassen kreisen und bleiben länger als wir im Squat. Kein Wunder, dass Ralf schon früh in die Botanik kotzt und später bei Mitch im Walfisch irgendwo auf dem Flur pennt, halt da, wo er zusammengebrochen ist. In unserem Hippiehotel "Black Forest Hostel" werden wir indes höflich in die Küche verwiesen und lassen in relaxter Runde diesen Tach Revue passieren

 

10.04. 2004
Bregenz, "Between"
BONEHOUSE, RAWSIDE, THE 4 SIVITS

BACK TO BREGENZ
Nach 'nem ausgiebigen Frühstück in Mitchs Walfisch geht es dann auch in Richtung Österreich. Im "Between" waren wir 2002 schon mal mit RAWSIDE und die Erinnerungen sind äußerst positiv. Vorm Laden stellen wir erfreut fest, dass die 4 SIVITS aus Leisnig mitzocken. Geile Old School-HC-Band, mit denen wir schon mal in Bischofswerda gespielt haben und die auch in Kiel bei ihrem Gig mit AMULET überzeugt hatten.

Der Laden liegt direkt neben 'ner Bullenstation und unsere Wagen sind kaum ausgerollt, da kommt auch schon ein dicker Oberbulle mit Schnurrbart angerannt um uns zu verklickern, dass wir da nicht parken dürfen. Dat Between wird von den Cops wohl nicht so gern als Nachbar geduldet... Der Laden ist voll geil, es gibt einen Zockraum in idealer Größe(1. Stock) und einen fetten Partysaal mit Tresen im 2. Stock. Wie beim letzten Mal ballert die Mucke in brutaler Lautstärke durch die Boxen. Platten- und Bücherstände werden aufgebaut und zu meiner Freude erwisch ich die LOST WORLD-Doppel-7" "Capitalism Is The Disease". Sehr geile Band, da seien hier mal ganz nebenbei auch beide Longplayer empfohlen. Und wer von der Stimme der Sängerin nicht genug kriegen kann, sollte mal ein TOURETTE SYNDROME-Konz besuchen (oder in die näxte BONEHOUSE reinhören...) Späthi muss zuerst schlucken, denn die vom Laden gestellte Box ist so eine Kombo, die ihm einfach nicht den Klang bieten kann, den der Jung nu mal braucht. Zum Glück haben die 4 SIVITS eine "richtige" Box mit! Und höfliche Fucker die sie sind lassen sie die uns mitbenutzen. Bereits ab Acht trudeln die Gäste ein und es wird noch vor 22:00 Uhr amtlich voll. Schon bei THE 4 SIVITS fällt mir auf, wie BESOFFEN viele der übrigens insgesamt recht jungen Freaks sind. Hartalk scheint angesagt zu sein, egal ob 14jährige Mädels oder adoleszierende Fleischmützen.
Die 4 SIVITS erinnern mich z.T. an SICK OF IT ALL, vor allem beim Gesang. Kommt sehr frisch, sympathisch und mit viel Energie. Da lassen sich die Leuts nicht lange bitten und vorne geht ein geiler Pit los. Sehr geil das Cover von JERRY`S KIDS "Is This My World?". Am Ende des Sets gibt es noch ein Cover, das Publikum darf zwischen OI POLLOI "Boot Down The Door" und SPERMBIRDS "Amerikaner sind kühl" (O-Ton) wählen und ist mit klarem Vorsprung für dat erstere Köfferchen.
Und schon ist wieder Showtime! Kurzer Linecheck mit Lewe und es steht ein richtig angenehmer Bühnensound, während es unten wohl auch recht gut ist und BRUTAL LAUT! Wir starten mit "Go Bastards Go!", was noch nicht so viele Leute mitbekommen, da man oben erst mal mitbekommen muss, dass dat Konz begonnen hat. Martin reißt gleich 'ne Basssaite und nach dem Song gibbet daher 'ne Pause. Ich denk schon, dass dat ein öder Start ist, aber dann entspinnt sich ein verdammt geiles Konz. Die Hütte ist voll und die Punks geben fett Gas, pogen in einem permanent brodelndem Pit. Das macht Laune und wir zocken gut 200% besser als gestern, auch wenn wir immer noch nicht optimal eingespielt sind. Im Vergleich zum letzten Mal im Between kennen uns inzwischen viele Bregenzer (wobei auch eine Gruppe von über 30 Leuten aus Bayern anwesend ist) und schmettern mit und verlangen ihre Faves, indem sie die Songtitel brüllen. Wir haben die Playlist erweitert, den gestern war ja nur 'ne halbe Stunde angesagt. Leider geht das Gerempel vor der Bühne mit der Zeit ZU derbe ab und plötzlich hauen sich zwei Punks auf die Schnauze. Fab signalisiert, dass es Ärger gibt und ich will gerade den Song abbrechen, aber da ist die Schlägerei auch schon vorbei. So eine Scheiße kann einem schon die Laune versauen. Daher machen wir den Testosteron-Nasen klar, dass wir beim nächsten Mal aufhören. Trotzdem kommt es im Verlauf des Abends noch mehrere Male zu Prügeleien und einige Leute laufen mit blutverschmierten Shirts und zerbeulten Fressen rum. Ätzend! Ich habe im Moment generell das Gefühl, dass die Szene sich rückentwickelt in Richtung frühe 80iger. Jeder, der ab Anfang der 80iger auf Punk- oder Metalkonzis gegangen ist, weiß, dass es damals auf VIELEN Konzerten Beulereien gab. Tscha, die Zeiten werden beschissener, die Leute hauen sich immer mehr dicht und viele können Hartalk und Pulver offenbar nicht so verknusen. Trotzdem ist die Stimmung insgesamt Hammer und kippt auch nicht. Sind zum Glück nur Einzelne, die aggressiv drauf sind. Der Rest feiert ausgelassen und so hängen wir spontan noch "Sex & Violence" ran. Ich schmeiß dat Mikro in die Meute und lass die Asis mitgröhlen. So kann ich von unten zusehen und genieße den Anblick der tobenden Kollegen. Pete gibt alles, springt in die Menge, rollt auf dem Boden rum, zockt Gitarre auf dem Rücken und bricht schließlich glücklich zusammen. Witzig isses für mich auch, Späthi zuzugucken, der erst seit zwei Konzerten kurze Haare hat und nu ohne um seinen Schädel rumfliegende Brocken klar kommen muss, was eine krasse Umstellung sein muss.
Klar, dass RAWSIDE danach fast die Hütte abreißen. Die totale Keule aus Wut und Hass auf den Staat trifft den Hörer/Zuschauer direkt in der Fresse. Als wären nicht die Songs schon derbe genug, gibt es heute wieder die Film-Sequenzen bei einigen Songs ("Sagt Nein!", "Staatsgewalt"). Obwohl ich das ja schon kenne, krieg ich dabei wieder 'ne Gänsehaut. Zu krass die Szenen, wie Bullen in voller Montur eine wehrlose Frau zu Brei kloppen, zu eindringlich die Bilder von fliegenden Mollis & Pflastersteinen, Flammen und Autobarrikaden. Der Mob vor der Bühne hat endgültig Schaum vorm Mund. Eine Frau bricht sich im Pit die Nase, wird halb besinnungslos rausgeschleppt, sitzt aber nach zwei Songs schon wieder grinsend und gröhlend auf der Bühne! Bierfontänen spritzen durch den Saal, deshalb isses auch schon seit den 4 SVITS glatt wie Sau. Macht Spaß, dem Treiben zuzusehen und mitzufeiern.
Nach dem Konz geht eine Mörderparty ab. In den meisten Klubs gehen die Leute schnell nach Hause, wenn der letzte Song verklungen ist. Hier bleiben aber 80% des Publikums da und lassen die Becken kreisen. Mucke vom Band, Alkohol in Strömen, überall tanzende Leute und grinsende Fratzen. Auf dem Tresen tanzen zwei nackte Typen. Was sich vielleicht jetzt prollig anhört, kommt einfach nur lustig. Die Feier hat rauschhafte Züge, völlige Ausgelassenheit ist angesagt. Asi nur ein Typ, der sich im Suff vollgeschissen hat und dem die Scheiße aus der Buxe quillt. Auch backstage ist die Hölle los. "Weltenbummler" Fab wähnt sich wie auf dem schönsten Familientreff, singt mit den 4 SIVITS-Ossis komische Lieder, verfällt bei RAWSIDE in Barzi-Dialekt und ab und zu kielert er auch schon ganz gehörig... Auch Lewe läuft zu Höchstform auf und zieht aus dem reichen Arsenal der G.B. Glaceschen Anekdoten vom Leder. Henne hat zwar Probleme mit einer Rippenknorpel-Splitterung, ist aber auch äußerst guter Dinge. Ich würd ja gern mehr Details erzählen, muss aber zu einem abrupten Ende kommen, denn exakt ab dieser Stelle ist einfach nur ein fetter Filmriss in meinem Hirn!
Von diesem denkwürdigen Abend könnter auch hier lesen: http://www.faulzahn.tk


11.04. 2004
Bremgarten (bei Zürich), "KuZeB"
BONEHOUSE, RAWSIDE

DER LETZTE TZATZIKI
Wer hat mich hier her gebeamt? Mit amtlichem Schädel wach in einem stinkenden Zimmer voller schnarchender Asis auf! Wo bin ich? WER bin ich? Nach kurzer Konzentration erkenne ich, dass es sich hier um den nächsten Tag und ein Zimmer in einer Herberge handeln muss. So, erst mal muss die Blase entleert werden. Hm, zwei Türen vor mir - mal links gucken. SCHOCK! Vor mir steht ein Fremder! Debiles Grinsen, 'nen schmierigen Fettfilm auf der Backe, Tzatziki in den langen Filzhaaren. Okay, das ist das Klo und vor mir hängt ein Spiegel, aber ist das eine Erleichterung?

Zurück beim Between erfährt man, dass die Party IMMER NOCH andauert. In der Nacht haben Unbekannte (?) bei einer Bullenwanne das Nummernschild abgebaut. Den irgendwann mitten in der Nacht ins Between stürmenden Beamten wurde jedoch nur ein lautstarkes "A.C.A.B." entgegengebrüllt.
Was muss ich mir auf der Fahrt alles an Geschichten anhören über Dinge, die ich getan haben soll. Zum Glück geht es Pete nicht anders, he he.
Die Fahrt in die Schweiz geht fix voran. Wir haben extra für die Grenze Merchandise auf alle Rucksäcke verteilt. Denn wenn die Zöllner einen ohne entsprechende Papiere erwischen, kann das gesamte Zeug auf Nimmerwiedersehen beschlagnahmt werden. Aber alle kommen durch - puh.
RAWSIDE haben schon vom KuZeB geschwärmt und sie haben nicht übertrieben. Der Squat ist sehr geräumig, weist ein wahres Labyrinth an Gängen und Räumen vor. Alles ist äußerst liebevoll gestaltet. Der ganze Laden strahlt eine warme Atmosphäre aus. Hier fühlen wir uns sofort wohl! Auch die Begrüßung ist sehr geil, die Leute sind wahrlich höfliche Fucker. Wir werden durch das ganze Haus geführt und der Veranstalter Smiley erklärt uns Funktion/Bedeutung der einzelnen Räume. So gibt es ein Kino und eine "Läsothek", die nach Themen geordnet alles mögliche an "linker Literatur" abdeckt ("von A wie Anarchie bis Z wie Zwangsmassnahmen"). Das Ding ist ein richtiger Politiktreffpunkt, man kann auch alle möglichen Zeitschriften dort lesen, kaufen oder bestellen. Ansonsten werden dort Dokumentarfilme gezeigt und regelmäßig Informationsveranstaltungen, Sitzungen, Vorträge, Lesungen, Workshops und Kurse durchgeführt. Wirklich eines der schönsten Häuser, in dem wir je gezockt haben.
Schräg fand ich ja vorher die Tatsache, dass die heutige Veranstaltung unter dem Titel "Splatternight" steht und vor dem Konzert einige Streifen der Filmgruppe KNUCKLEDUSTER PRODUCTIONS gezeigt werden sollen, die halt Splatter präsentieren. Und in diesem Bereich gibt es nun wirklich auch gewaltverherrlichenden Schrott. Doch Smiley erzählt, dass die Knuckleduster-Leute ziemlich fit seien und das sehr ironisch angingen. Im Zockraum entdecken wir einige kultige Botschaften der Kieler Kollegen von POMMES BRUTAL! Die haben am Donnerstag hier gespielt und überall per Edding was für uns hinterlassen. Auf einem unserer Plakate steht "Karl-Heinz - komm nach Haus! Dedl.", an einem Stahlträger unter der Decke "Rocken, Peter!" und "Hau rein, Kalle!" und auf einem Klo "BOHNHAUS, Aller! Karl-Heinz ist soo süß". Ziemlich geil! Wir können uns zwar hier nicht bei POMES BRUTAL revanchieren, hinterlassen aber auch einige Messages für RIISTETYT und FLEAS & LICE, die hier nächste Woche spielen.
Als die Knuckleduster-Leute ihre Filme starten, ist im gesamten Gebäude schon die Hölle los. Smiley erzählt begeistert von bereits über 350 Leuten, später wird es noch voller. Die Filme sind gut gemacht und zum Teil wirklich witzig. Ich steh ja nicht so auf Splatter, aber hier wird gekonnt mit Klischees gespielt und die Gewaltdarstellungen sind so comicmäßig überzogen, dass man eigentlich keine Gewaltgeilheit darin sehen kann. Zwei Filme kommen sogar gänzlich ohne Blut aus, dafür gibt`s schwarzen Humor und abgedrehte Psychostories. In einem der Filme spielt sogar H.R. Giger eine Nebenrolle - Respekt.
Die Leinwand ist direkt vor unserer Backline aufgestelt, so dass dahinter schon alles bereit steht. Lewe hat schon beim Soundcheck einen sehr guten Bühnen- und Raumsound hingekriegt und wir sind richtig heiß aufs Zocken. Schon als wir für die letzten Vorbereitungen auf der Bühne hantieren, füllt sich der Saal und die Leute stehen nach kurzer Zeit dicht gedrängt am Bühnenrand. Das ist nicht überall so - oft muss man die Leute erst mal in den Saal reinzocken Obwohl uns kaum jemand hier kennen dürfte - wir sind zum ersten Mal in der Schweiz - zeigen die Leute erwartungsvolles Interesse und scheinen Bock auf Durchdrehen zu haben. Und in der Tat - als es losgeht, pogen SOFORT die ersten Reihen. Mikroständer werden umgepogt, Diver kleben an der Decke, überall hochgereckte Fäuste - das ist ja ein Empfang hier! Stimmung wie Zuhause in Kiel möchte ich fast sagen. Cool: Obwohl sich 300 Leute auf relativ engem Raum dem Pogo hingeben, gibt es keinen Stress! Heute sind wir auch noch mal ein paar Runden besser eingespielt und haben den besten Auftritt dieses Wochenendes. Kalle leidet zwar ziemlich unter Schlafdefizit, knüppelt aber mit vollem Elan (später sagt er: "Ich stand voll neben mir und dachte: Das bin nicht ich, der echte Kalle sitzt noch in Bregenz am Tresen!"). Alle waren vorm Gig ziemlich fertig (die Augenringe von Fab und Boller sehen aus wie mit Kohleschmiere gemalt), weil wir eigentlich jede Nacht heftig gefeiert haben, aber die Stimmung versorgt jeden mit ausreichend Adrenalin. Die Luft ist schon nach kurzer Zeit zum Schneiden, die Hitze einfach unglaublich. Pete und Kalle haben sich in Anspielung auf das Tagesmotto aus der Küche Tomatensaft geholt und spucken mitten im Gig plötzlich Blut. Toll, nun stinkt es auf der Bühne nach Tomatensaft UND Tzatziki... Ich wundere mich, dass doch einige die Texte mitsingen, bekomme aber später die Info, dass sich diverse Leute auf unserer Seite Songs angehört haben. Wie die Leute uns danach mit Lobeshymnen eindecken, geht gar nicht mehr, das möchte ich hier gar nicht wiedergeben. Geiler is aber schon! Strange ist bloß, das mir beim Gig-Ende Hände zum Abklatschen hingestreckt werden, kennt man bei "uns" eher auf 'ner anderen Sorte von Konzis... Ein wirklich komplett begeisternder Gig. Nu muss gesoffen werden! Nur ist der Weg zum Pennraum plötzlich von einem Rudel geparkter Hunde versperrt, die jeden anbellen und -knurren, der den Vorraum betritt. Schock!
Hm, irgendwas ist im Busch. Hackl, Späthi, Lewe und Pete machen so seltsame Andeutungen, dass Kalle und ich nach dem RAWSIDE-Gig unbedingt vor die Bühne kommen sollen...
RAWSIDE! Die haben heute richtig die Hummeln im Arsch und knüpfen im ICE-Tempo an. Ich muss nicht extra darauf eingehen, was im Pit passiert.... Hier mal kurz die ganze Playlist, damit jedem klar ist, wie krass es aufe Mütze gab:

RIOT
STAATSGEWALT
DISARM OR DIE
DEUTSCHLAND
COURAGE BORN FROM DESPAIR
WAHLBOYKOTT
POLICE TERROR
NO GODS, NO WAR
THE HUNT
FUCK YOU ALL
OUT OF CONTROL
SEE YOU DIE
OUTLAW
SAGT NEIN
LEAGUE OF ALIVE
BE YOURSELF
ES HERASCHT KRIEG
TEARS OF YESTERDAY
FASCHO PACK
RUN
STRANGE WORLD
RIGHT OR WRONG#
VATERLAND

Ralf steht unter akutem Sauerstoffmangel und brüllt nach jedem Song: "I glaub, mi haut's um!". Aber alle bleiben senkrecht und geben ALLES. Hammer, Jungs!
Danach geh ich zu Hackl annen Stand, der irgendwie ganz aufgeregt ist und in Richtung Bühne davonflitzt, während Fab den Stand übernimmt. Ja, drehen denn jetzt alle durch? Da hör ich plötzlich jemanden ins Mikro labern von wegen "RAWSIDE blablabla BONEHOUSE, hier ein Song für die Reaggae-Hasser Kalle und Philipp". Ich stürm natürlich nach vorn und mir klappt der Unterkiefer runter: Da hat sich doch auf Tour klammheimlich über Nacht ein neuer Stern am Bandfirmament gegründet! Am Mikro MC Hackmann, am Schlagzeug Mr. G.B. Glace, an den Gitarren Kai und Pete und am Bass Späthi. Und die spielen so 'ne Art Pseudo-Raeggae, der in einen HC-Song übergeht, alles aufgebaut auf der Bridge von unserem "This Means Nothing" ("There is no way, there is no way, our UGLY HEADS will roll someday..."). Hackmann zieht mich auffe Bühne und trotz Feierabend werde ich genötigt mit ins Mikro zu röcheln. Sehr schön auch die staksenden Tanzschritte vom neuen Sangesgott MC Hackmann... Der Mob amüsiert sich offenbar prächtig und macht voll mit, will sogar 'ne Zugabe, doch THE UGLY HEADS erweisen sich trotz ihres jungen Durchschnittsalters als ausgebuffte Profis und verlassen die Bühne in dem Moment, wo es am schönsten ist. Wie ham die das geschafft? Die Idee war am Tach zuvor aufgekommen und heute streng GEHEIM in einem Proberaum des KuZeB in die Tat umgesetzt.
Wie gestern in Bregenz ist auch heute allgemeines Abfeiern auf dem Programm. Im KuZeB scheint eh permanent Party zu sein, viele Gäste schlafen offenbar regelmäßig dort. Die stehen morgens auf, saufen weiter bis abends, gucken dat nächste Konz, saufen weiter, schlafen ein bisschen, stehen morgens auf, saufen weiter...
Knallhart stellen wir unsere Weckhämmer auf 7:30 Uhr, denn es stehen über 1000 km Rückfahrt an und einige von uns müssen am Dienstag zur Arbeit (Kalle todernst: "Oha! Ich muss am Dienstag auch arbeiten gehen". Irgendwer: "Oh, hast du 'nen neuen Job?". Kalle: "Naja, ich geh Blutplasma spenden." !)
Einziger Wermutstropfen ist ansonsten Hennes Gesundheitszustand: Der hat sich auf der Bühne wohl endgültig eine Rippe gebrochen!
Da wir viel früher los müssen, drücken wir alle RAWSIDErs und neu kennen gelernten Freaks noch mal...
UND AB!
http://www.kuzeb.ch



 

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