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Philipp:
So ballern wir höchst motiviert los und irgendwie habe ich das Gefühl,
dass heute mehr Foto-Blitze als sonst durch den Raum zucken. Der Sound
ist auf der Bühne leider ziemlich bescheiden, die Gesänge sind
kaum zu hören. Aber da die Anlage wohl nicht mehr hergibt, heißt
es Augen zu und durch. Vom Chaos- und Spaßfaktor her mutet dieser
Auftritt schon wie ein letzter Tourtag an. Vor der Bühne ist es nach
mehreren Bierfontänen gleich zu Anfang offenbar sauglatt und die
Pogenden legen sich reihenweise auf die Schnauze. Die Glätte bekomme
ich schnell selbst zu spüren, denn als Pete mich mit einem saftigen
Arschtritt ins Publikum befördert, schlittere ich amtlich durch den
Sud. "Moin Leute! Geiler Klub hier - nur die Türen sind etwas
eng!" Trotz Tourroutine vergucke ich mich in der Playlist und sage
statt "I Don`t Think So" "Handcuffed & Horny"
an. Während Pete und Martin sich nach meiner Ansage richten, denken
Kalle und Späthi sich "Was auf der Playlist steht, ist Gesetz!"
und so werden "I Don`t Think So" und "Handcuffed &
Horny" gleichzeitig angespielt. Großes Gejohle als ich erkläre:
"Äh, Sorry! Hab den falschen Song angesagt, deshalb haben wir
eben 2 Songs auf einmal gezockt...". Die Spikes geben bei der erhöhten
Luftfeuchtigkeit, literweise Schweiß und permanentes Rumgehopse
von mir langsam aber sicher den Geist auf. Vom Look der Freiheitsstatue
zu Bugs Bunny! Vor "Go Bastards Go" kommt Boller auf die Bühne
und rollt das RAWSIDE-Banner aus. Da machen die Barzis große Augen,
hatten wir doch beim Mittagessen noch über das Thema gesprochen und
ihnen unser Mitleid über das vermeintlich verlorene stück vermittelt.
"Wir dachten, die Bayern sind trinkfest, aber wat lassen die da im
Suff liegen? Das Banner hier wollten wir eigentlich versteigern, aber
wir sind ja fair: Wenn RAWSIDE beim näxten Song auf die Bühne
kommen und mitschmettern, kriegen sie ihr Backdrop zurück!"
verkündet Boller schelmisch. Die Jungs versuchen sich zwar erst mal
gegenseitig auf die Bühne zu schubsen, aber beim ersten Refrain trauen
sie sich dann doch auffe Bühne und grölen mit. Henne lässt
es sich nicht nehmen, mir noch `ne Ladung Haarspray in die abknickenden
Spikes zu sprühen. Danach hält er ein Feuerzeug an die Sprühdose
und ballert meterhohe Flammen direkt an Petes Rübe vorbei, der garnix
davon mitkriegt. Auf der Bühne wird es immer enger, denn wegen der
steigenden Temperaturen entledigen sich stetig mehr Gäste ihrer Jacken
und werfen sie uns vor die Füße. Am meisten Alarm geht heute
beim 7"-Song "Wankers" ab, wo der Pogo zeitweilig bis zum
Mischpult reicht. Im letzten Drittel geht dagegen weniger, aber dat Doppelpack
"Destroy The City" und "My Definition" zwingt die
Asis wieder zum gepflegten Tanz. Ach ja, Bauarbeiter-Handschuhe kamen
auch bei mir zum Einsatz, denn auf dem Gang lag ein ganzer Stapel davon,
und so ziehe ich mir vor "You Won`t Change Me" zwei von den
Dingern über die Griffel und brülle: "Der heutige Gig steht
im Zeichen der Construction Gloves! Lasst uns alles einreißen, was
die Kapitalistenwixer an Hochhäusern und Banken errichtet haben und
unsere eigenen Ideen beim Neuaufbau verwirklichen!" Äh, ja.
Heute geben wir Klebo endlich mal die Chance, RAWSIDE von Anfang bis zum
Ende anzuschauen und lösen ihn am Stand ab. Und er sieht meiner Meinung
nach einen der besten Gigs. Obwohl RAWSIDE ebenfalls auf der Bühne
Soundprobleme haben, knallen sie ihre Songs derart brachial in die Hütte,
dasset nur so kracht und scheppert. Bei "Ratten", "Tears
Of Yesterday" und "Nieder mit dem Faschopack" drehen RAWSIDE
den Spieß um und fordern uns auf die Bühne und so schmettern
wir inkl. Boller diese Songs ordentlich mit. Henne: "Der nächste
Song ist für BONEHOUSE. Die sind absolut wahnsinnig! Die saufen sogar
Bayern untern Tisch!" Die Hütte tobt und meine Zeit hinterm
Stand ertrage ich angesichts des geilen Auftritts nur schwer. Als ich
wieder reinwetzen kann, lässt Henne gerade dat perfekte Fazit für
unsere gemeinsame Zeit vom Stapel: "Wir hatten unglaublich viel Spaß
mit den Jungs von BONEHOUSE! Der Wahnsinn hat regiert in den letzten Tagen
und er regiert immer noch! Wir hoffen, nächstes Jahr noch weitere
Gigs gemeinsam durchzuziehen!" So sei es!
Da die Pennplätze recht knapp sind und wir Fahrzeit am Folgetag einsparen
wollen, fahren wir heute Nacht noch nach Berlin, wo wir privat bei Hacke
und Martins Freundin Birgit knacken. Auf der feuchtfröhlichen Fahrt
beobachten wir noch ein verblüffendes Natur-Phänomen: Um den
Mond herum ist ein exakt kreisrundes Wolkengebilde. Very strange. "Ach
wat, dat ist nur das Ozonloch!" beruhigt uns Hacke.
Bei Hacke inner Bude treffen Kalle und ich noch auf alte Bekannte aus
der Fettecke: Schimmel und Locke (also nicht unser Webmaster)! Da kreisen
die Humpen, bevor endlich der ersehnte Schlaf eingeholt wird. Bei Hacke
steht alles voller Geräte zum Drucken und Färben und deshalb
ist Platz rar: Ich klettere über einen Kasten, auf dem eine Tonne
steht, in ein Hochbett, Kalle muss sich in Lockes Bett mit einem Pitbull
das Lager teilen, der ihm immer wieder knurrend die Decke wegzieht...
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