Die Nachricht, dass Bonehouse sich auflösen werden, kam wie aus
dem Nichts und fuhr irgendwie ganz schön in Mark und Bein! Da ich
mir die Truppe wenigstens einmal live ansehen wollte und es zum Abschiedsgig
am 30.9.2006 nach Kiel wohl nicht gehen wird, war ich noch enttäuschter!
Naja, Grund genug noch mal ein kleines Interview mit Bonehouse-Sänger
Philipp zu machen, um über die Geschehnisse der letzten Wochen/Tage
(??) und über die bisherige Bandgeschichte sowie andere Dinge zu
quatschen.
1.
Hallo Philipp!
Philipp: Moin Stefan & www.brandenburgpunk.de.vu!
Erstmal Sorry für die lange Wartezeit hatte sauviel um die
Ohren.
2.
Zu erst einmal die Frage, die dir wohl in den letzten Wochen am häufigsten
gestellt wurde: Warum findet die Ära Bonehouse nach über 13
Jahren jetzt ein plötzliches Ende?
Philipp: Die Frage kommt in der Tat ständig
Aber leider bleibt die Antwort auch in diesem Fall wahrscheinlich unbefriedigend.
DENN: Wir haben uns entschieden, die Hintergründe der Trennung
NICHT öffentlich zu machen. Es sind einfach zu persönliche
Dinge, die nicht breitgetreten werden sollten. Aber zur Beruhigung ein
paar Sachen, die definitiv NICHT passiert sind:
- Wir ham uns nicht im Studio, Proberaum oder anderswo geschlagen
(naja, außer dat eine Mal vor sieben Jahren, aber danach haben
wir uns wieder vertragen)
- Keiner ist zum Raver, Popper oder Countryfan geworden
- Es hat nichts mit Jobs oder Familie zu tun
- Wir haben nicht plötzlich erkannt, dass wir keine Rockstars mehr
werden
- Es sind uns auch nicht die Ideen ausgegangen!
Fazit also: Wir haben uns noch alle lieb und werden alle oder fast
alle weiterhin in HARDCORE/PUNK-Bands rumlärmen, wenngleich wohl
leider nicht alle zusammen in einer Band! Auf jeden Fall isses sehr
schade ich hatte gehofft, dass es BONEHOUSE noch ganz lange geben
wird.
3.
Stell bitte kurz eure Band vor (für alle, die Bonehouse nicht kennen)!
Philipp: Yeah, wir kommen aus Kiel, spielen,
scheiße SPIELTEN Hardcore/Punk und haben zwischen 1993 und 2006
fünf Longplayer, eine Mini-CD, eine 10, zwei 7s, ein
Tape und diverse Samplerbeiträge auf Band geknüppelt (Details
zu Songs und Texten auf unserer Homepage) sowie einige Konzis &
Touren gespielt. Wichtig war uns dabei immer, dass die Band völlig
unabhängig agiert, frei von irgendwelchen Fremdbestimmungen bleibt
oder sonstigen Zwängen. Im gewissen Sinne D.I.Y., auch wenn man
einwenden mag, dass wir durchaus mit Labels zusammengearbeitet haben.
Das stimmt natürlich, aber andererseits gab es keine professionellen
Booker, Promo-Nasen, Manager oder sonstige Agenturen im eigentlichen
Sinne. Wir wollten uns von Anfang an inhaltlich gegen Zwänge und
Diskriminierungen wenden und alles ausschließlich selbst bzw.
mit der Hilfe einiger Freunde machen. Ich fand es schon immer tragisch,
wenn Leute unbedingt von ihrer Musik leben wollten und sich
dann entweder in diverse Abhängigkeiten begaben oder irgendwann
frustriert erkannten, dass sie es nicht schaffen werden (auf der anderen
Seite: Wer es schafft, den erwartet ein Leben im Rhythmus
Platte/Tour/Platte/Tour laaangweilig!). Da lieber unabhängig
und sich alles von der Seele gebrüllt, was einen bewegt!
4.
Ihr wart in eurer Anfangszeit sehr metal-beeinflusst, was man besonders
bei den Songs eures Demotapes hört. Wie kam es dann zwischen der
Steamroller (3. Album) und Onward to Mayhem
(4. Album) dazu, dass euer Stil mehr und mehr in die HC- und Punk-Richtung
ging?
Philipp: Ich denke, dass liegt eher an
unbewussten Einflüssen. Für uns sollte das eigentlich immer
Hardcore sein
Aber gegen Metal hatte eigentlich auch keiner von
uns was. Und genau zwischen diesen beiden von dir genannten Platten
gab es einen recht wichtigen Wechsel in der Besetzung: Unser Gitarrist
Helge war bis dahin (Steamroller) einer derjenigen, der
die meisten Ideen beisteuerte. Da er vor BONEHOUSE in einer Thrash Metal-Band
gespielt hat, mag sein Stil also prägend gewesen sein (wobei er
später auch bei TYPHOON MOTOR DUDES und SURBURBAN SCUMBAGS gespielt
hat, gerade letztere volle Kanne Punk).
Danach kam Späthi in die Band und der hat möglicherweise mehr
Punk und Hardcore reingebracht. Auf jeden Fall hat er oft fertige Songs
angeschleppt, die wir dann gemeinsam im Proberaum bearbeitet haben.
Aber eine bewusste Entscheidung war das wie gesagt nie wir haben
einfach immer alle Ideen zusammengeworfen und losgekloppt.
5.
Ihr seid u.a. auf dem Tributsampler von Poison Idea (Hangover
Heartattack) vertreten, welche ja mittlerweile als Legende des
HC-Punk-Genres bekannt sind. Welche Bands haben die heutige Musik von
Bonehouse noch gravierend beeinflusst? Welche waren es früher?
Philipp: Jo, POISON IDEA waren schon prägend,
ansonsten ist es ja aussagekräftig, was man so gecovert hat und
da waren schon früh Sachen wie ANTISECT, COTZBROCKEN, THE VARUKERS,
CRO-MAGS, MISFITS, THE EXPLOITED, GANG GREEN, SUICIDAL TENDENCIES, NAILBOMB,
MASSACRE oder NUCLEAR ASSAULT dabei, später JUDGE, TRIO, MOTÖRHEAD,
CRUCIFIX, F.U.s/STRAWDOGS
. Andere Einflüsse waren immer DISCHARGE,
WOLFBRIGADE, ANTI-CIMEX, SLAYER und so. Schon U.K.-Punk, US-Hardcore,
Schwedenkram, Crust und derber Metal, grob gesagt. Ich denke, MOTÖRHEAD
waren ein recht deutlicher Einfluss über die gesamte Zeit. Witzig
ist ja auch, dass es ganz wenige Bands gibt, für die es bei allen
von uns einen Konsens gab, die wirklich jedes Bandmitglied generell
gern gehört hat da fallen mir jetzt nur SOCIAL DISTORTION,
WOLFBRIGADE, SLAYER und verrückterweise OZZY OSBOURNE ein!
6.
Ihr werdet in vielen Fanzines für die Aggressivität und Schlagkräftigkeit
eurer Musik und vor allem die Aussagekraft eurer Texte gelobt. Wer schreibt
bei euch die Texte und gibt es eine Veränderung bei den Themen
im Vergleich von Früher zu Heute?
Philipp: Ja, in Sachen Musik kam immer
was Derbes und Straightes dabei heraus, allerdings auch nie total stumpf
(hoffe ich). Die Texte habe fast alle ich verfasst bis auf jeweils einen
Text pro Platte vielleicht. Hm, es waren einfach immer Themen, die mich
persönlich zu der jeweiligen Zeit politisch oder gesellschaftlich
bewegt haben, Dinge, über die ich mich geärgert habe oder
seltener gefreut habe
Ich denke nicht, dass es sich
inhaltlich geändert hat, sondern eher von der sprachlichen Herangehensweise
her. Genauer gesagt: Die erste Platte hieß Symmetry Of Decadence
und zu der Zeit habe ich zwar Themen wie Waffenhandel (Living
In The Cold), Menschenrechte (To Get Over You) oder
Dekadenz (Titelsong) in den Texten behandelt, das aber nicht so direkt
oder drastisch formuliert wie später. In vielen Songs der späteren
Platten wird schon in den Songtiteln eine Botschaft bzw. Aussage deutlich,
wie z.B. Disarm Charlton Heston, Cockrock Bullshit,
Riot Police, Meierei bleibt!, Shove That
Money Up Your Ass oder Fascist Pig. Da ist nicht viel
falsch zu verstehen, he he. Zu der Zeit hatte ich halt keinen Bock,
die Dinge zu verklausulieren und wollte allen Bastarden direkt mit der
verbalen Keule einen überziehen
7.
In eurem Song Wankers kritisiert ihr die Spaltung von Punk-
& Hardcore-Szene. Gab es in eurem Umfeld schon Leute, die euch wegen
irgendwelchen szenetypischen Eigenschaften ausgegrenzt haben oder euch
in eine dieser Schubladen stecken wollten?
Philipp: Uns selber eigentlich nicht, da
war unser Publikum gerade im Norden wild gemischt, was ich als sehr
positiv empfunden habe. Aber generell ist in den letzten Jahren m. E.
ein deutliches Auseinanderdriften einzelner Subgenres zu beobachten.
Klar, in diese Schublade des Macho/Tough Guy-Hardcore will kein denkender
Mensch gesteckt werden, von daher ist Abgrenzung auch wichtig und identitätsstiftend.
Aber wenn man die politische Seite betrachtet und sieht, wie sich einzelne
linke Fraktionen bekämpfen, geht viel an potentieller Wirkung verloren.
Es ist schade, dass die ursprünglichen politischen Ideale der Hardcore/Punk-Bewegung
verloren gehen, nicht mehr versucht wird, etwas zu verändern, sondern
viele Konzis zu Modeschauen verkommen. Punk bedeutet ursprünglich
ja hässlich, heute muss ein Punk schon ziemlich cool
aussehen, um akzeptiert zu werden.
8. Die PLASTIC BOMB hat
euch mal zur besten Live-Band Deutschlands gekürt. Was war an euren
Gigs für die Besucher so besonders und welche Auftritte sind für
dich unvergesslich?
Philipp: Gute Frage, wobei ich kurz präzisieren
will, dass es die LESER des PB bei so einem Jahrespoll waren, die uns
da auf den ersten Platz gewählt haben. Das hat uns sehr überrascht,
weil wir im Vergleich zu professionellen Bands nur an wenigen Wochenenden
im Jahr gespielt haben und uns von daher gar nicht so viele Leute gesehen
haben können.
Hm, aber was nun an uns so besonders ist/war, willst du ja wissen. Das
müsste man eigentlich die BesucherInnen der Auftritte fragen. Wenn
ich mir die Kommentare im Gästebuch und in Reviews ansehe, dann
wird da oft von Spielfreude und Spontanität geredet und dass es
immer ordentlich zur Sache ging. Also, wir ham schon gut Lärm gemacht
immer, denk ich und sind ordentlich abgegangen. Außerdem haben
wir vermieden, irgendetwas einzustudieren. Alles ist immer so passiert,
wie man es gerade gefühlt hat. Sollte eigentlich alles selbstverständlich
sein für ne Punkband, ne? Aber viele Bands legen sich Ansagen
und Bewegungen zurecht, wir ham immer die Scheiße erzählt,
die uns gerade durch den Kopp ging. Völlig verhasst waren mir immer
pathetische Gesten und Ansagen. Ich persönlich will mich auf der
Bühne nicht so ernst nehmen, muss mich auch zur Wurst machen können
und nicht darauf spekulieren, ob ich jetzt gerade cool rüberkomme
oder son Scheiß. Einfach einstöpseln und abspacken
Da fallen mir jetzt gerade auch diese ganzen Metalcore-Bands ein, die
ständig zu Circle Pits und Wall Of Death aufrufen. Das ist für
mich wirklich 0% Punk, das Publikum derart zu animieren. Jeder soll
doch selber bestimmen, wie er/sie sich zur Musik bewegt oder eben nicht
Unvergesslich
ich mochte Gigs in authentischen Punkerläden
und besetzten Häusern, möglichst schön klein mit viel
Kommunikation mit den Leuten. Da fallen mir spontan AJK Suhl Grünes
Haus; Villa K Schmalkalden, Lobuschstr. Hamburg, AK 47 Düsseldorf,
AJZ Erfurt, Störtebecker Hamburg, T-Stube Rendsburg, Dorftrottel
Waldkirchen, JUZ Göttingen, Dampfmühle Verden, La Casa Berlin,
KTS Freiburg, AK 44 Giessen, Kneipe Hemsbünde, Stumpf Hannover,
Alternative Lübeck, VEB Siegen oder Gerberei Weimar ein. Klar,
auch größere Läden waren manchmal geil,
z.B., als wir mir RAWSIDE unterwegs waren und inner Köpi in Berlin
gespielt haben oder im East Club Bischofswerda. Oder die Auftritte in
Frankreich, da haben wir einfach viele Freunde kennen gelernt, krass
da der Auftritt im Le Wagon in St. Brieuc 2004, wo ich auf
der Bühne mit irgendetwas oder irgendjemandem zusammengerasselt
bin und geblutet habe wie ein Schwein. Zur Lektüre empfehle ich
da die Tourtagebücher auf unserer Homepage
9. Bei Konzerten lernt
man als Band ja auch Leute von anderen Bands gut kennen. Mit welchen
anderen bekannten Bands seid ihr befreundet?
Philipp: RAWSIDE hatte ich ja bereits genannt,
das hat immer perfekt gepasst, ansonsten RED WITH ANGER, ANTI-CONTROL,
DRITTE WAHL (Buschn ohne Worte), 100 RAISONS (geile frz.
Band, die laden wir auch zu unserem Abschiedsgig ein), SUFFERAGE, WORLD.DOWN,
JIMI PELZ FISTFUCK USA, TERROR SQUAD und von den ganzen Kieler Bands
fange ich gar nicht erst an, das ist ja logisch. Ist manchmal natürlich
subjektiv, aber einige Bands, mit denen wir nur einmal gespielt haben,
waren mir auf Anhieb sehr sympathisch, z.B. BUBONIX, STOPCOX, MAZZOLATA
oder MURUROA ATTACK. Oh Gott, wahrscheinlich habe ich jetzt x Bands
vergessen
10. Ich kenne einige
Bands, die sich zum Anfang ihres Bestehens immer kleine Ziele setzen,
wie z.B. in Laden X oder vor Y Leuten zu spielen. Gab es bei euch solche
Zielsetzungen und gab es auch Zeiten, wo ihr das alles am liebsten hingeschmissen
hättet, weil es keinen merkbaren Fortschritt gab? Oder war dieses
Erreichen von Zielen mit der Band nie zwanghaft ein Thema für euch?
Philipp: Ganz genau letzteres! Es gab nie
ein Ziel, außer immer neue Songs zu machen, bei denen man natürlich
schon den Anspruch hatte, dass sie irgendwie geiler werden als die alten
und dass man auch im Studio Fortschritte macht und die ganze Chose optimiert.
Aus Frust hinschmeißen wollten wir das nie, das haben wir jetzt
leider aus ganz anderen Gründen getan oder tun müssen.
11.
Eure erste CD Symmetry of Decadence habt ihr in Eigenregie
produziert und vertrieben. Da ich auch ein kleines DIY-Label betreibe
habe ich immer großes Interesse daran, zu erfahren, was andere
Leute mit dem Do-It-Yourself-Gedanken verbindet?
Philipp: Ja, je mehr ich mich damit beschäftige,
desto wichtiger wird mir der DIY-Gedanke innerhalb der Musik. Je größer
und fremdbestimmter das ganze Umfeld einer Band wird, desto weniger
bleibt vom eigentlichen Kern der Band erhalten. Alles wird verwässert.
Natürlich ist es anstrengender, sich um die einzelnen Bereiche
SELBER zu kümmern, als andere Leute für sich denken zu lassen,
aber im Endeffekt ist es immer befriedigender, die EIGENE Kreativität
ausgelebt zu haben. Wenn in einer Band natürlich die gesamte Arbeit
an einer Person hängen bleibt, kann das schnell frustrierend werden.
Das hat bei uns gut geklappt, da habe ich schon andere Konstellationen
erlebt. Pete hat immer diese Zeichnungen für Shirts und Cover gemacht,
Martin hat sich einen Bus gekauft, den wir als Bandbus benutzen konnten
und das Merchandise verwaltet, ich habe die Post und Interviews erledigt
usw. Wir hatten auch das Glück in unserem Umfeld viele Freunde
zu haben, die uns geholfen haben! Ganz wichtig war da der Boller, der
einen Großteil des Bookings gemacht hat, gefahren ist, Plakate
gestaltet hat, ach tausend Dinge organisiert hat, die wir bei zunehmendem
Aufwand gar nicht mehr hätten bewältigen können. Das
war sozusagen schon das sechste Bandmitglied. Dann hatten wir meist
Lewe dabei, der uns den Sound gemacht hat, auch ohne dafür Knete
zu bekommen (wovon auch?), obwohl er das beruflich machen will. Auf
Tour war meistens dann noch ein Kumpel dabei, der sich an den Merchstand
gestellt hat, da will ich hier Hacke und Klebo erwähnen, so was
ist echt nicht unwichtig, denn wenn du länger unterwegs bist, ist
das ganz schön stressig, nach den Konzis noch hinterm Stand zu
stehen und sich über die Musik hin mit den Leuten brüllend
zu unterhalten. Und nen weiterer Kumpel hat halt die
Homepage gemacht. DANKE, ihr Spackos! Jetzt könntest du sagen,
dass wir dann ja doch nicht alles selbst gemacht haben, aber ich finde
genau das ist D.I.Y. ein Netzwerk aus Freunden, wie eine Familie,
wo man sich häufig zusammensetzt und neue Ideen ausbrütet.
12. Wie wichtig ist für
euch der Plattenverkauf eurer Sachen? Sicher lebt jeder Musiker ein
Stückweg für seine Musik, aber von der Musik leben können
nur sehr wenige des HC-/Punk-Genres.
Philipp: Mir ist das völlig egal.
Ich würde am liebsten das gesamte Material umsonst ins Netz stellen,
davon hat man als Band letztendlich doch mehr, denn dann gehen die Songs
doch viel mehr rum und man kann mehr Kontakte knüpfen usw. Ich
bin nebenbei sogar sicher, dass das den Verkäufen nicht mal schaden
würde. Ich zum Beispiel höre mir vielleicht mal was im Netz
an, aber wenn ich eine Band gut finde bzw. neu entdecke, besorge ich
mir deren Platte.
13.
Welche politischen Aktionen hältst du für unterstützenswert?
Ihr unterstützt ja auch Good Night White Pride, welche
ein deutliches Zeichen gegen Rassismus und Faschismus in der HC-/Punk-Szene
setzt.
Philipp: Genau, das wäre gleich eine
erste Sache, die wichtig ist, denn bekanntlich gibt es auch im Hardcore/Punk
rechtsoffene bis rechte Spacken. Auch da ist alles D.I.Y. jeder
kann sich einfach das Logo auffe Platte packen, selber Shirts oder so
anfertigen gut so! In dem Bereich gibts natürlich
noch mehr effektive Aktionen wie www.turnitdown.de oder www.stop-thorsteinar.de.vu!
Ansonsten sind meiner Meinung alternative und unabhängige Medien
wichtig, die mal ein anderes Bild vermitteln als das der Mainstream-Presse.
Da haben wir auf unserer Seite den Link zu Indymedia, wobei man möglichst
viele Quellen nutzen sollte, um sich zu informieren.
Ein weiteres Feld sind Initiativen, die bedrohte linke Zentren schützen,
wie Z.B. hier in Kiel die Alte Meierei (www.altemeierei.de) oder in
Lübeck die Walli (www.walli-bleibt.de) die Liste ist endlos
und letztendlich sind alle Organisationen in dieser Richtung unterstützenswert,
weswegen wir uns zum Beispiel an dem Benefizsampler We Dont
Need Your Control - A squat and independent club benefit compilation
(www.klownhouse-recordz.de) beteiligt haben.
Neben selbstverständlich unterstützenswerten Organisationen
wie Amnesty oder ProAsyl sind mir persönlich als Vegetarier auch
Tierrechte wichtig, daher antispeziesistische Aktionen wie www.animalliberation.de.
14.
Bei euch in Kiel gibt es seit einiger Zeit den Kampf um
Freiräume für eine alternative Szene. Ich kann diese Entwicklung
hier in Brandenburg auch beobachten, dass viele Städte vor allem
den Punks kein Haus zur Verfügung stellen und denken, dass somit
das Problem aus der Welt ist. Es gibt ja nun bei euch die Alte Meierei,
wo die Stadt Kiel ein Veranstaltungsverbot verhangen hatte. Was waren
die Gründe für diese Auflagen? Und denkst du, dass Demos gegen
diese politische Willkür etwas nützen?
Philipp: Der Kampf wird leider überall
geführt und es ist klar, woher der Wind weht und dass es immer
schwieriger werden wird, autonome Zentren zu erhalten. In Kiel ist es
eben die Alte Meierei, die immer wieder mit neuen Auflagen schikaniert
wird. Es fing da an mit Beschwerden von Anwohnern über Lautstärke
bei Konzerten, die man auch direkt im Gespräch hätte klären
können. Aber die Stadt Kiel wollte einen Lärmschutz, hätte
wohl aber nicht gedacht, dass die Chaoten das tatsächlich
organisiert kriegen. Nu, dann kamen plötzlich neue Auflagen, die
Meierei sei ein gaststättenähnlicher Betrieb und man brauche
eine entsprechende Konzession. Nach langen Diskussionen und vielen Demos
ging man sogar einen Schritt auf die Stadtoberen zu und beantragte so
eine Konzession, die dann aber nicht erteilt wurde, da die Meierei keinen
ausreichenden Brandschutz habe! Der Brandschutz wurde also gefordert,
ein Veranstaltungsverbot verhängt und das hätte der Meierei
fast das Genick gebrochen. Aber es ging hier dann heiß her und
schließlich war die Solidarität so groß, dass ein Brandschutz
und zahlreiche weitere Umbauten mit eigenen Händen und der Hilfe
viele Meieristen hier gebaut wurden! Nun sind der Stadt die Holzöfen
in der Meierei ein Dorn im Auge, man verlangt Elektroradiatoren für
die Meierei. Es ist also kein Ende in Sicht, aber die Stimmung ist wieder
optimistischer.
Und das liegt nicht zuletzt an den Demos! Wenn dieses Jahr nicht so
viel gelaufen wäre, hätten viele potentielle AnhängerInnen
der Meierei den Laden möglicherweise einfach vergessen.
Das mag übertrieben klingen, aber irgendwann verlieren die Leute
so etwas aus dem Auge, gerade, wenn keine Veranstaltungen mehr stattfinden.
Daher haben sich die Meieristen für eine Offensive entschieden
und nach einer achtwöchigen Kampagne namens Let There Be
Rock einfach den Veranstaltungsbetrieb wieder aufgenommen. Das
war riskant, denn es hätte durchaus zur Schließung kommen
können. Aber ich denke, dass es unbedingt richtig war so! Und da
waren so coole Aktionen dabei wie Sitzstreiks auf Sofas in der Innenstadt
oder der M-Move, wo Punkbands während der Fahrt auf
nem LKW gespielt haben! Allein der Polizeiaufwand für jede
dieser Demos verschlingt mehr Kosten als eine endgültige Lösung
und Sanierung der Heizungsanlagen!
15.
Was geht sonst so szenemäßig in Kiel? Man liest ja hin und
wieder mal gute Kritiken von Demo-CDs von Bands aus Kiel, wie
z.B. Disturbers.
Philipp: Ha, yeah, die DISTURBERS sind
schon mal geil! Richtig schöner Scheißpanck mit Lewe am Mikro,
den ich schon vorhin erwähnt habe, weil er ja oft bei uns gemischt
hat. Dann gibbet gute neue Bands wie TACKLEBERRY (gerade mal 1,5 Jahre
alt und schon in Russland auf Tour), NO REGRETS, SCHLOIDERGANG, DISLIKE
YOUR LEADER, natürlich auch ältere Hasen wie SUBURBAN SCUMBAGS,
SMOKE BLOW, THE CREETINS, ABGELEHNT, CHAOS CONTROL, TYPHOON MOTOR DUDES
und und und. Wir haben hier ein Onlinefanzine namens www.dremufuestias.de,
da wird gnadenlos jede Punkrockaktivität offen gelegt. Da mach
ich auch mit, daher sprech ich eine extreme Leseempfehlung aus, he he
16.
5 Platten, die dir besonders am Herzen liegen?
Philipp: Boah, das ist schwer, ich versuche
gar nicht erst lange nachzudenken und nenne einfach:
- BAD BRAINS Rock For Light
- BEHIND ENEMY LINES Global Cannibals
- WOLFBRIGADE In Darkness You Feel No Regrets
- SLAYER Reign In Blood
- SLIME Alle gegen alle
17.
Wie geht es mit den einzelnen Leuten von eurer Band musikalisch weiter?
Ist in dieser Richtung schon etwas absehbar?
Philipp: Ja, unsere beiden Gitarristen
haben eine neue Band zusammen mit dem Drummer von MR. BURNS gegründet.
Mal sehen, was dat wird, sie planen so Hardcore mit Reggae-Einflüssen
zu machen. Aber dass sie sich LOVE HAMMER nennen wollen, ist nur ein
Gerücht!
Jo, und ich habe mich gerade auch mit Leuten zusammengetan, mit denen
ich mich sehr gut verstehe und die ähnlich lange in Bands gespielt
haben. Wir suchen gerade einen Namen und wollen nächstes Jahr was
aufnehmen.
18.
Im Gästebuch eurer Homepage gab es jemanden, der ein Best Of
Album zum Abschied vorschlug. Habt ihr schon Überlegungen dazu
angestellt oder kommt das für euch nicht in Frage?
Philipp: Ach, das ist doch scheiße.
Dann lieber alle Songs zum Runterladen auf unsere Seite! Ich könnte
mich eher mit einer Livescheibe vom Abschiedsgig anfreunden, aber auch
das muss nicht sein. Aufnehmen werden wir den Gig, aber erstmal nur
für uns, allein schon, weil wir einige der letzten Songs da spielen
werden, die wir geschrieben haben und dann hat man die mal in guter
Qualität. Aber ob die Aufnahmen gut werden oder ob WIR gut sind
an dem Abend, das steht ja alles noch in den Sternen.
19.
Zum Ende bleibt mir dann noch, mich recht herzlich für das Interview
zu bedanken und wünsche euch alles Gute in eurem weiteren Leben
und für die alternative Szene in Kiel!
Philipp: Jo, Danke auch! Hat Spaß
gemacht, echt. Dass es jetzt so lange gedauert hat, war halt Pech.
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