Interview

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Iron Pages (2002)


1. Fangen wir bei der Produktion zu "Onward to Mayhem" an. In Kiel mit Ulf entstanden, wie schon die ersten beiden Alben. Zwischendurch habt Ihr es anderweitig probiert und die ersten beiden Dinger waren soundtechnisch ja auch nicht der Oberknaller. Wieso jetzt wieder mit Ulf in Kiel? Hat er Euich mit einer "Geld zurück"-Garantie gelockt? Das Ergebnis ist jedenfalls oberamtlich, knallt recht ordentlich.

Philipp:
Ja, Moin Otger! Erstmal Hallo und vielen Dank, wir sind auch recht zufrieden mit dem klanglichen Resultat. Für uns war es eher ein Experiment, mal nach Schweden zugehen und ein anderes Studio bzw. einen anderen Produzenten auszuprobieren. Uns war danach völlig klar, dass Ulf sich in allen Belangen gesteigert hat und seine bisherigen Produktionen mit uns und wohl auch die aus dem Sunlight übertreffen wird. Denn erst mal hat er zu der Zeit, als wir im Sunlight "Steamroller" aufgenommen haben, ein neues Studio mit neuen Klamotten eingerichtet, außerdem hat er mit diversen Hammerproduktionen (u.a. NOISE FOREST, SMOKE BLOW, TURBOSTAAT usw.) in der Zwischenzeit bewiesen, was er so zaubern kann. Im Grunde kann man dieses Mal auch erst erstmalig von einer "Produktion" im eigentlichen Sinne sprechen, alles vorherige wurde eigentlich lediglich aufgenommen und engineert. Aber dieses Mal haben wir mit Ulf eine Vorproduktion gemacht und sind die Songs anhand dieser nicht nur innerhalb der Band, sondern eben auch mit Ulf durchgegangen. Im Studio haben wir dann alles so spontan wie möglich gehalten, um die Platte schön spritzig und lebendig wie bei `nem Gig zu halten. Das Schlagzeug wurde zusammen mit beiden Gitarren aufgenommen, die wir gleich drauflassen konnten, und vieles, was man da hört, ist wirklich der erste Take. Wenn irgendwas nicht beim zweiten Mal hingehauen hat, sind wir gleich zum nächsten Song übergegangen. Auch beim Gesang wurde so wenig wie möglich rumgeschnippelt: Es ist ja für jeden Sänger eine Versuchung, bestimmte Passagen noch mal neu zu singen und an der entsprechenden Stelle reinzudroppen. Ulf ist aber der Meinung, dass ein solches Vorgehen den usprünglichen Gesangsbogen verstümmeln kann und die Songs damit an Authentizität verlieren.

2. Die CD kam wieder via Earth A.D., das Vinyl über Mass Productions aus Frankreich. Kann es sein, daß Eure Vinyls ständig woanders rauskommen? Wie seid Ihr an die Franzmänner gekommen oder die an Euch?

Philipp: Bisher sind die Vinyl-Longplayer (also "Dogbite" und "Steamroller") schon auch bei Earth A.D. (http://www.earth-ad.com/) erschienen. Die stehen ja genau wie wir auf LP`s. Lediglich die kleineren Split-Geschichten haben wir woanders rausgebracht. Das hat sich immer einfach so ergeben, wenn uns ein Label gefragt hat, und Earth A.D. legen uns da auch nie Steine in den Weg. Im Gegenteil, der Chef Christian Huber sieht das als Werbung für seine Band, von der er letztendlich auch etwas hat. Ein anderes Label nutzt andere Vertriebswege, erreicht andere Leute und vielleicht interessieren sich diese ja auch für die weiteren Veröffentlichungen der Band. Das waren auch unsere Überlegungen, warum wir die Vinyl-Version mal über ein anderes Label rausbringen könnten. Earth A. D. hätten es natürlich auch gemacht, nur wohl nicht mit Klappcover. Wir haben uns dann mal umgehört, was ganz interessant war, denn wir haben uns vorher ja noch nie bei einem Label beworben. (Der erste Kontakt zu Earth A.D. ging von denen aus). Mittlerweile kannten wir einige Label, die irgendwann mal Interesse an uns signalisiert hatten, andere Labels fanden wir von ihren Veröffentlichungen her einfach sehr geil. Und die Franzosen MASS PRODUCTIONS (http://www.massprod.com/) fielen in letztere Kategorie, hatten sie z.B. die letzten Scheiben von RAW POWER, THE STEROIDS oder ONE WAY SYSTEM veröffentlicht.

3. Ist etwas ungewöhnlich heutzutage, die Vinylversion so aufwendig zu gestalten. Die Company hat "Onward" ein Gatefold samt Inlet spendiert. Wessen Idee war es und gab es eventuelle Streitgespräche darüber?

Philipp:
Ja, man spinnt bei der Ausarbeitung der Artwork-Ideen immer ein bisschen rum und irgendwann kam die Erkenntnis, dass dat Ganze im Klappcover sicherlich sehr amtlich rüberkommen müsste. Tatsächlich haben dann immerhin 2 Labels gesagt, dass sie unsere Ideen so umsetzen würden. Wir hatten für den Fall, dass es mit dem Gatefold gar nicht hinhaut schon Alternativen im Hinterkopf gehabt (z.B. das Innere des Klappcovers als Faltposter beizulegen). Es gab natürlich auch 2, 3 Labels, die gesagt haben, dass ihnen ein Gatefold zu aufwändig sei. Aber immerhin hat das Label, welches die Scheibe als LP rausbringt, die Platte für lau gekriegt! Earth A.D. haben keinen Cent für die Lizensierung genommen! Ist sicher selten heutzutage und ein Zeichen für die Underground-Einstellung von Christian Huber! Wir fanden unter diesen Umständen schon, dass dat Label der LP dann auch ein bisschen in die Aufmachung investieren kann. Mit Vince von Mass. Prod. hat das problemlos geklappt, Earth A.D. und er haben einfach 1: 1 CD`s gegen LP`s getauscht…

4. Ihr habt ja auch schon selbst Vinyl herausgegeben. War es für Euch keine Alternative, die LP-Version selbst pressen zu lassen?

Philipp:
Wir haben die Split-7" mit SMOKE BLOW zusammen mit denen rausgebracht, das war aber auch nur eine 300er Auflage. Generell ist das natürlich eine Alternative, man muss eben nur die Mittel dazu haben. Wir machen ja immer schon T-Shirts, Aufkleber, Badges, Aufnäher usw. selbst - das dauert immer ganz schön lange, bis man das ausgelegte Geld reinbekommt… Tatsächlich hat noch keiner bei BONEHOUSE auch nur irgendeinen Pfennig mit der Band verdient. Dat Geld rinnt uns wie Wasser ausse Finger, he he - aber eben, weil es komplett wieder in die Band gesteckt wird. Die LP hätte uns dann doch finanziell überfordert. Vielleicht später mal…

5. Warum gab es so lange Zeit zwischen CD- und Vinylversion? Vertraglich bedingt, Earth A.D. Vorbehalt oder weil die Franzis das nicht so schnell auf die reihe gekriegt haben?

Philipp:
Nein, nein, Vorbehalte oder Verträge gab es keine. Am ehesten Deine letztere Vermutung, denn MASS PRODUCTIONS hatten recht viel zu tun. Die ham das auch ziemlich akkurat gemacht und erst mal Testpressungen anfertigen lassen, die sie uns dann zur Beurteilung geschickt haben. Sowas überspringen die meisten Labels, bietet zwar Sicherheit, kostet aber eben auch Zeit. Auch die Phase der Labelfindung und der Dialoge hat natürlich Zeit gekostet, denn erst als wir die Aufnahmen hatten und die Verpackung einigermaßen stand, konnten wir da konkret werden.

6. Was zum Teufel hat Pete da eigentlich zusammengeklaubt für das aufgeklappte Motiv? Habe die CD nicht gesehen, nehme aber mal an, dort ist es auch in irgendeiner Form verwendet worden, die Mittelseiten bieten sich ja dafür an. Zwei Weiber in Punkkluft, die ihren Arsch zusammenklatschen und von Euch von unten Fotografiert? Wie kommt man auf solche Ideen?

Philipp:
Har har, das Photo ist gar nicht konstruiert, sondern tatsächlich irgendwo in Flensburg auf einer Party geschossen worden. Ein Kollege von uns hat das Teil riesig vergrößert bei sich im Zimmer hängen. Ich glaube Kalle (Schlagzeug) erzählte uns mal davon und wir dachten, dass ein solches Pic vielleicht gut inne Platte passen könnte. So von wegen: Die Scheibe heißt "Hinein ins Gemetzel/in den Kampf" und das Foto zeigt jetzt den Zustand danach, the morning after quasi. In der CD ist das Bild auch, dort halt in der Mitte des Booklets. Die beiden Damen sind mit der Veröffentlichung übrigens im Nachhinein einverstanden, eine der beiden haben wir neulich bei einem Gig in Flensburg kennengelernt. Ist ja auch recht vorteilhaft fotografiert, und ein Freiexemplar habe ich ihr auch sofort gerne überreicht.

7. So, kommen wir dann nochmal kurz auf die Split mit den Fyredogs zu sprechen. Das Coverartwork wurde von Euch ja ausführlich im Inlet kommentiert. Ist die Split schon wieder so lange her,. Daß es aktuell war? Oder brannte es Euch jahrelang auf der Seele? Wie sieht's jetzt, rund drei Jahre später, aus? Immer noch keine Entspannung der Undergroundlage?

Philipp:
Als die Split erschienen ist, wurde hier einer der beliebtesten Klubs überhaupt von der Stadt abgerissen, der auch noch zahlreichen Bands Proberäume bot. Das hat uns ziemlich angepisst, zumal es symptomatisch für die Kultur-Politik nicht nur in Kiel ist. Die subkulturelle Underground-Szene zählt einen Dreck, sobald ordentlich Knete gescheffelt werden kann, wird so ein Gebäude kurzerhand abgerissen. Auf "Onward To Mayhem" gibt`s dann auch einen Song namens "This Means Nothing", der sich mit der Wichtigkeit beschäftigt, besetzte oder selbstverwaltete Zentren zu erhalten. Ein zeitloses Thema, dieser Kampf wird nie vorüber sein.

8. Das Label von den Fyredogs wollte ja wohl etwas mit Euch machen. Dann habt Ihr die Split vorgeschlagen, korrekt? Wer hatte die Idee, es in Form einer 10" zu machen und warum dies eher ungewöhnliche Format?


Philipp:
Ah, das war ein bisschen anders. Ursprünglich wollten wir mit einer Hardcoreband aus Köln namens RUN FAT BOY RUN eine Split-7" machen. Bei denen hat Ex-Kieler Boris (u.a. JIGSAW, EROSION) Gitarre gespielt und wir haben uns sehr gut mit ihnen verstanden. Auf unserer 2000er Tour mit SMOKE BLOW waren die auch auf drei Gigs dabei. Völlig unabhängig davon sprach uns auf derselben Tour Lemmi von Offenzline Productions (http://www.offenzline.de/) an, ob wir nicht Bock hätten, unsere nächste LP bei ihm rauszubringen. Wir wollten Earth A. D. nicht verlassen, erzählten ihm aber von der Split. Dann haben sich RUN FAT BOY RUN aber umbesetzt und umbenannt. Unser Kumpel zockt immer noch in der Nachfolgeband THE FYREDOGS, die Punk`n`Roll- Mucke mit viel Power und geilen Ohrwurmmelodien machen. War alles natürlich kein Grund die Split-Pläne fallen zu lassen, nur kam genügend Material zusammen, dass wir gleich eine Zehnzoll-Attacke starteten. Ich weiß gar nicht mehr, wer darauf kam, aber das ist doch ein geiles Format! Gibt übrigens nur noch sehr wenige von der 10"! Wird demnächst wohl nachgepresst, aber nicht mehr in farbigem Vinyl. Offenzline haben also nicht exklusiv mit THE FYREDOGS wat am Hut. Empfehlenswert ist auch eine weitere 10" auf Offenzline, eine Split von THE FYREDOGS mit TYPHOON MOTOR DUDES (wo unser Ex-Gitarrist Helge mitspielt)!

9. Ihr covert einen Song der Fyredogs, die einen von Euch. Kannten sich die Bands schon vorher, warum diese gegenseitige Covergeschichte und wie ging die Songwahl von statten?

Philipp:
Yeah, die Versionen standen bereits fest, als die Band noch Hardcore gemacht hat und RUN FAT BOY RUN hieß. Wir fanden die Idee, sich gegenseitig zu covern, witzig und haben uns da gegenseitig freie Hand gelassen. Die Songs unterscheiden sich erheblich von ihren jeweiligen Originalversionen, es haben auch diverse Leute und Reviews ausgesagt, dass die Cover gar nicht als Fremdkompositionen aus dem Rahmen fallen. Die Version der FYREDOGS von unserem "I Don`t Think So" finde ich jedenfalls klasse, ist viel melodischer als unsere.

10. Erscheint bis Ende des Jahres noch was neues von Euch, so Single o.ä.? Seid ja da immer gut am Werkeln gewesen die Jahre.

Philipp:
Sogar recht bald! Über Offenzline Productions kommt eine schöne 7" mit zwei unveröffentlichten Songs. Die werden auch nur auf der Single drauf sein und nicht später wieder neu aufgenommen und woanders verbraten werden! Beide Songs, "Wankers" und "Lawless War" stammen aus den Aufnahmen zur "Onward To Mayhem". Wir mussten zwei Titel weglassen, weil die Platte sonst die 50 Minuten deutlich überschritten hätte, was uns zuviel gewesen wäre. Das Vinyl ist mit der jetzigen Spielzeit schon bis zur Grenze der vertretbaren Kapazität ausgelastet. War allerdings ein ganz schöner Kampf, welche Songs denn nun weggelassen werden sollen…
Wir hoffen, dass das Teil rechtzeitig zur Tour aus dem Presswerk rollt. Das Cover ist übrigens sehenswert…

11. Sach mal was zur anstehenden bzw. Bei Erscheinen wohl laufenden Tour. Berlin steht nicht auf dem Plan. Wie ausgesucht, warum und was sagt Ihr zu Eurer Begleitung auf Tour? Wunschband, Kumpels oder was?

Philipp:
Berlin ist mittlerweile dabei! Hier mal die Termine:

11.10. - Düsseldorf - AK 47 + THE FYREDOGS
12.10. - Bielefeld - AJZ
13.10. - Genf (Schweiz) - squatt du Chalet des Chènes + STEROIDS
14.10. - France (Paris?)
15.10. - St.-Brieuc - Le Wagon
16.10. - Rennes (France) + PSYCHO PUNCH
17.10. - off day zum Fahren
18.10. - Leipzig - Conne Island + RAWSIDE
19.10. - Bregenz (A - Grenznähe CH / D) - Juz Between + RAWSIDE
20.10. - Freiburg - Cafe Atlantik + RAWSIDE
21.10. - off day
22.10. - TBA!
23.10. - Weimar + WORLD DOWN
24.10. - Berlin - Köpi + RAWSIDE
25.10. - Bischofswerda - East Club + RAWSIDE
26.10. - Rostock - Ms Stubnitz + RAWSIDE
27.10. - Oberhausen - Zentrum Altenberg + RAWSIDE
09.11. - Moers - Volksschule + FINAL LINE
15.11. - Kolding (Dänemark) - Rockin` House
29. + 30.11. - Kiel - Alte Meierei "The decline of Kiel`s
civilization"-Festival + SMOKE BLOW + THE CREETINS + TYPHOON
MOTOR DUDES + ABGELEHNT + SUBURBAN SCUMBAGS

Ist für uns ein sehr geiles Paket, denn mit RAWSIDE ist bei vielen Dates eine Band dabei, die wir alle sehr gern hören. Tatsächlich eine Wunschband, zu der wir selbst den Kontakt hergestellt haben, als bekannt wurde, dass die sich reformieren! Wir kannten RAWSIDE vorher nicht persönlich, freuten uns daher umso mehr, als wir hörten, dass Sänger Henne BONEHOUSE sehr mag und alle Scheiben von uns hat.
Mittlerweile sind RAWSIDE auch bei Earth A.D., haben gerade ihre "The Police Terror-VKJ-Compilation"-CD da veröffentlicht. Totaler Tipp! Brutaler Hardcore mit kampfbereiten Texten!
Außerdem spielen wir ja einige Gigs mit anderen geilen Bands wie unseren Kumpels von WORLD.DOWN aus Erfurt oder den schon erwähnten FYREDOGS. Die Dates in Frankreich und der Schweiz (u.a. mit PSYCHO PUNCH und STEROIDS) haben MASS PRODUCTIONS klargemacht, den Rest zum größten Teil Weird World-Booking (http://www.weird-world.de/).

12. Zum Abschluß noch eine Kiel-Berlin-Frage. Haben neulich gehört, daß es einen kleinen Subkulturaustausch zwischen Berlin und Kiel geben soll. Kieler Bands in Berlin, Berliner Bands in Kiel. Habt Ihr davon etwas gehört, wißt Ihr, welche Bands aus Hafentown und ob die cool sind?

Philipp: Ja, hab ich mitbekommen! Die hatten uns auch für den Berliner Gig gefragt, leider hatten wir keine Zeit. Soll leider nicht so gut gelaufen sein, möglicherweise sollte man das Billing eher mischen aus Berliner und Kieler Bands zusammen jeweils in Kiel und Berlin. Dabei waren aus Kiel auf jeden Fall MOSQUITO JACK (Stoner Rock), ED RANDOM (Rock`n`Roll) , MADISON (Punkrock) und ... hmm, weiß nicht mehr. Alles coole Bands!

Bis denne
Otger

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