1.
Hallo BONEHOUSE! Immer öfter hört man den Namen Eurer Band
und es wird gemunkelt, Ihr wäret ein unschlagbarer Live-Act! So
sollen tobende Freaks bei Euren letzten Gigs in unserer Gegend (Aachen,
Troisdorf und Alsdorf) das gesamte Mobiliar der betreffenden Clubs zerlegt
haben, die anwesenden Sanitäter hatten offenbar alle Hände
voll zu tun, um Knochenbrüche zu flicken, ohnmächtige Damen
wiederzubeleben usw. Da Ihr demnächst auf Tour geht, dachten wir
uns, ein Interview müsse her.
Starten wir also gleich mit der Frage, wer denn in Eurer Band spielt!
Philipp: Ja, hallo und erstmal danke für diese warme Begrüßung.
Wir sind bei BONEHOUSE 5 Kumpels, die alle einen identischen Drang verspüren:
Wir können uns mit einem normgerechten Leben (8 Stunden Arbeit
am Tag, danach 5 Bier vor der Glotze, schnell noch schlechten Sex und
ab in die Kiste) nicht zufrieden geben. Vielmehr hat unser Hass auf
diese verlogene Konsumgesellschaft uns schon seit unseren frühen
Teenagertagen dazu geführt, aktiv zu werden und den Kampf aufzunehmen.
So gab unser Schlagzeuger Kalle ab '81 das Fanzine ANTI-SYSTEM heraus
und zockte in diversen Punk- und Hardcorebands wie GO AHEAD oder SCAPEGOATS.
Kalle ist ein echter Hardliner in Sachen Punk und auf jedem Konzi in
200 km Umgebung von Kiel anzutreffen. Aber auch Gitarrist Pete und Bassist
Martin können tiefgreifende Roots vorweisen, haben die Bastarde
doch in ihrer früheren Band SUB-EFFECT ganze 11 Jahre lang ohne
Besetzungswechsel gelärmt! Dann haben wir da noch den Gitarrero
Helge, der ursprünglich aus dem Death- und Thrash Metal-Sektor
kommt (erste Band: SCHIZOPHRENIA), sich aber in seinen musikalischen
Interessen mittlerweile eher dem Rock'n'Roll und Punk zugewendet hat.
Yeah, und ich wurde von dem Haufen dazu auserkoren, das Mikro zu schwingen,
obwohl ich ein unmusikalischer Asi bin. Aber die Bezeichnung "Musiker"
ist eh für uns eher ein Schimpfwort, welches meist von irgendwelchen
Pseudo-Rockstars mit Egoproblem in Beschlag genommen wird. Ich hab'
früher bei A.L.D.I. gesungen, Punkrock. Meine musikalischen Vorlieben
sind Metal, Hardcore und Punk.
2.
Da nennst Du ja bereits einige musikalische Referenzen. Wie definiert
ihr Euren Musikstil?
Philipp: Wie Du siehst, isses für uns kein Problem, parallel Punkrock
und Heavy Metal zu hören. Wichtig ist unserer Meinung nach, dass
die Musik brutal und ursprünglich klingen muss. Uns gefällt
rohes, ja primitives Geballer in seiner unverfälschten Form, und
ganz besonders geil isses dann noch, wenn das Ganze mit einer Aussage
verbunden ist! Der Spirit einer Band zählt, nicht die musikalische
Schublade, in die man sie stecken kann. Die Basis unserer Mucke ist
sicherlich Hardcore, angereichert eben mit einer Prise Punk, einer Prise
Metal und einer Prise Rock'n'Roll. Das Ergebnis wird recht schnell und
mit größtmöglicher Energie runtergerotzt.
3.
Da kommt natürlich die Frage auf, wo so ein musikalischer Bastard
gedeihen konnte, ohne vom Establishment unterdrückt zu werden?
Philipp: Wir sind 'ne Kieler Band, und Du hast durchaus recht: Der Ortsfaktor
ist ein nicht unbedeutender Faktor für unseren Werdegang! Denn
jahrelang wurde Kiel von den Medien ignoriert, was gut so war, denn
einer Sumpfblüte gleich gedieh im Verborgenen ein häßliches
Wesen, sprich eine lebendige, eigenständige Undergroundkultur!
Nun, da diese in ihrer Stuktur gefestigt ist, ist die Zeit reif, unsere
Botschaft aus Kiel hinauszutragen und der Uniformierung unserer Gesellschaft
und auch unserer Szene entgegenzutreten. Daher auch die BURNING HARBOUR
TOUR mit den Kielern SMOKE BLOW!
4.
Seit wann und mit welchen Mitteln verkündet Ihr denn diese Botschaft?
Philipp: Gegründet wurden BONEHOUSE '93 und wir legten bereits
recht früh auf lokaler Ebene mit Auftritten los, was sich mit der
Zeit zunehmend auf auswärtige Gigs ausweitete, so dass auf der
Tour demnächst unser hundertster Gig ansteht. Im Grunde spielen
wir überall, wo man Bock auf uns hat, wobei wir natürlich
nicht andauernd Solikonzerte (also für lau und für die Befreiung
irgendwelcher eingeknasteter Punker) spielen können. Das machen
wir immer noch sehr gerne, aber auf Dauer ist das Rumgeheize durch die
Republik und angrenzende Länder verdammt teuer und es nützt
keinem was, wenn wir völlig pleite gehen. Zum Glück haben
wir ein Label (Earth A.D.), welches unsere Vision teilt, und mit dessen
Hilfe haben wir drei Platten veröffentlicht: die MCD "Symmetry
Of Decadence" und die beiden Longplayer (LP/CD) "Dogbite"
und "Steamroller". Nebenbei haben wir gerade eine Split-7"
mit SMOKE BLOW in Eigenregie veröffentlicht: "The Real Deal
From Kiel - Spreading The Harbour Reality". Eine weitere Split-7"
mit den Kölnern RUN FAT BOY RUN folgt demnächst. Ärsche
hoch und zuschlagen, bevor die Dinger weg sind! 5.
Wie habt Ihr Euch eigentlich gefunden?
Philipp: Am Bierstand eines Kieler Flohmarktes!
6.
Wie seid Ihr zu dem genialen Bandnamen gekommen, der ja nicht nur gut
klingt, sondern auch die Vergänglichkeit der arroganten Menschheit
ausdrückt?
Philipp: Im Grunde geschah dies auf demselben Flohmarkt, denn als nach
einigen Bieren und einer sechsstündigen hitzigen Debatte nur noch
der Name unserer zukünftigen Band unklar war, blickte ich auf meine
neuerworbene ENTOMBED - "Hollowman"-Pladde, die einen Song
mit Namen "BONEHOUSE" enthält.
7.
Wieviele Stunden arbeitet ihr pro Woche durchschnittlich an der Musik?
Philipp: Das hängt davon ab, was gerade anliegt. Vor einer Tour
oder vor Plattenaufnahmen proben wir so dreimal die Woche sehr intensiv
(jeweils ca. 4 Stunden), ansonsten generell zweimal. Aber außerhalb
der Proben liegt ja auch viel an, neben direkten musikalischen Dingen
(Gitarristen denken sich irgendwelche Riffs aus, Sänger schreibt
Texte), müssen ja auch Telephonate geführt, Briefe/E-mails
geschrieben, Platten verschickt, Interviews geführt, Flyer/Plakate
entworfen usw. werden. Auch wenn uns mittlerweile mehrere Kollegen dabei
behilflich sind, ist also jeder jeden Tag sicherlich mindestens 2-3
Stunden beschäftigt! Dazu muss ich auch sagen, dass das bei BONEHOUSE
hervorragend mit der Aufgabenverteilung funktioniert. Bei vielen Bands
(auch Ex-Bands von uns) bleibt ja alles an einer Person hängen,
die dann völlig überfordert ist. 8.
Wo war Euer interessantester Gig?
Philipp: "Interessant" ist gut formuliert, da kommen natürlich
einige Erlebnisse in Frage. So war es sicherlich interessant für
Kalle, als er im "Wild At Heart" in Berlin dem nackten SMOKE
BLOW-Sänger seinen Finger in den Arsch steckte. Oder als bei einem
Gig in Kiel der Pöbel auf die Bühne stürmte und mir die
Klamotten vom Leib riß (und dabei peinlicherweise meinen Tigerfell-Sliptanga
entblößte). Spannend auch ein Auftritt in Kappeln, bei welchem
die P.A. plötzlich buchstäblich in Flammen aufging.
9.
Erzählt von Euren Texten!
Philipp: Die meisten davon schreibe ich, ab und zu steuern Kalle und
Pete auch was dazu. Für besonders zentral halte ich "You Won't
Change Me", der allen Leuten ein fröhliches "Arschlecken"
zuruft, die einem weismachen wollen, man müsse sich seinem Alter
entsprechend verhalten. Es ist doch unglaublich, dass sich unsere Gesellschaft
als "freiheitlich" und "demokratisch" bezeichnet,
jedoch jede Abweichung von der Norm zu ächten versucht! Weiterhin
drückt "Sweatshop Slavery" den Wahnsinn der Ausbeutung
unser Arbeitskraft aus, jegliches Potential für Kreativität
und Selbstverwirklichung wird zu eliminieren versucht. "Dogbite"
ist eine Art Reaktion darauf, denn hier drückt Pete unsere Outlaw-Mentalität
aus. Wir stehen dazu, für die Bourgeoisie nur Abschaum zu sein,
ja, wir finden gefallen daran, als Hunde beschimpft zu werden und verkünden
mit geifernden Mäulern: "Dogs gonna run, Dogs gonna jump,
Dogs gonna bite!". Auch "Bonebastard" geht auf dieses
Außenseiter-Gefühl ein, man kann sich durch eine Stadt voller
Menschen gehen, und sich dennoch vollkommen isoliert fühlen. Na
ja, da könnte ich noch viel erzählen, vielleicht sollte ich
noch "I Don't Think So" erwähnen, da hier auch an der
eigenen Szene Kritik geübt wird. Es geht mir einfach auf den Sack,
dass gewisse Szenenkontrolleure sich zu Hütern des guten Geschmacks
aufspielen und eine Art Hardcore-Dresscode oder Verhaltenscode aufstellen
wollen.
10.
Wie laufen Eure Proben ab - chaotisch oder disziplinierter?
Philipp: Dann doch eher diszipliniert. Ich weiß von vielen Bands,
die sich vorrangig einen hinter die Binde kippen. Bringt auf Dauer nix,
da kriegt man nix gebacken. Es ist auch so, dass sich jeder von uns
total auf die abendliche Probe freut. Man ist danach wirklich viel ausgeglichener
und steht noch am nächsten Tag mit `nem geilen Gefühl auf
(und ich mein' jetzt nicht die Morgenlatte). Wir haben sogar die Erfahrung
gemacht, dass sich eine längere Zeit ohne Proben (da reichen 1,5
Wochen) negativ auf unser Privatleben auswirkt, man ist gereizter, streitet
sich schneller usw.! 11.
Früher war alles besser?
Philipp: Ich sehe das nicht so, auch wenn ich mit sogenanntem Neo-Metal,
New School HC oder der sog. Neuen Deutschen Härte herzlich wenig
anfangen kann. Denn andererseits gibt es doch auch heutzutage noch genügend
geile Bands, mehr Platten jedenfalls, als ich mir leisten kann. Und
wenn jemand tatsächlich meint, früher sei wirklich alles besser
gewesen, dann müsste derjenige sich entweder schnell begraben lassen
oder er müsste die Ärmel hochkrempeln und in seinem Leben
gehörig was ändern.
12.
Besauft Euch und erfindet einen Witz!
Philipp: Besoffen bin ich sowieso bereits, denn ich habe während
des ganzen Intis gebechert. Meine Erkenntnis: Witze braucht man ja gar
nicht erfinden, das erledigen doch unsere Politiker für uns! Sieh
Dir doch die Würstchen vonner CDU an, wie sie sich in ihrem Spendensumpf
winden und versuchen, sich wie Münchhausen selbst an den eigenen
Haaren wieder herauszuziehen. Bleibt einem nur leider das Lachen im
Halse stecken, wenn diese Verfassungsverbrecher damit durchkommen sollten...
13.
Euer Abschlussstatement!
Philipp: Vielen Dank für dat Interview, haut rein, kommt zu unseren
Gigs, hört in unsere Scheiben rein und unterstützt den Widerstand!
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