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         Plastic Bomb #41 (2003) 
           
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 PHILIPP: Ja, auf die Kieler Szene bin ich auch ein bisschen stolz. 
          Gibt für diese kleine Scheißstadt echt erstaunlich viel Bands. 
          NOISE FOREST zum Beispiel sind die nettesten Typen, die man sich vorstellen 
          kann. Ich glaube, die einzige, die es länger gibt als uns! (Aber 
          auch mit sehr stark veränderter Besetzung). Bin auf die neue Platte 
          gespannt, ist auch bei Ulf aufgenommen. Den müsstest Du übrigens 
          kennen, er hatte früher wohl auchmal Briefkontakt mit Dir (hat 
          ganz früher mit Kalle bei THE SCAPEGOATS gespielt, dann auch mit 
          Kalle bei GO AHEAD, dann bei TINY GIANTS, MADISON und jetzt SUBURBAN 
          SCUMBAGS). EINMAL EIN GOTT SEIN sind auch gute Kollegen, der Basser 
          Marcel war früher bei uns (Gründungsmitglied) und hat noch 
          dat erste Demo miteingespielt. Großartige Band, kam nicht jeder 
          mit klar - zu sick? Leider gerade aufgelöst! Echt schade. Andere 
          wirklich gute Bands: SMOKE BLOW (neue Platte "German Angst" 
          in Arbeit! Kalle schreit bei einem Song die Backings), TYPHOON MOTOR 
          DUDES (mit unserem Ex-Klampfer Helge), ABGELEHNT (D-Punk mit einer besonderen 
          Note, Platte mit Cover von Pete ist in Arbeit), IRREN OFFENSIVE (kennste 
          ja), MADISON (gibt`s auch weiterhin), DRAUTRAN (fetter Death Metal) 
          und natürlich THE CREETINS (andere hab ich jetzt bestimmt noch 
          vergessen). Alles gute Freunde, alle aber auch wirklich geil! Ist hier 
          noch ziemlich unverbraucht ohne Konkurrenzdenken (oder ich krieg`s nicht 
          so mit). Auf der anderen Seite gibt`s hier ja auch V-PUNK, die - wenn 
          nicht rechtsoffen - mindestens aus Rotlichtknete finanziert werden. 
          Fuck `em. PHILIPP: Aber Recht haste, der Christian Huber von Earth A.D. hat ein 
          kleines, aber feines Label am Start. Mit Bewerbungen bei irgendwelchen 
          Firmen haben wir uns eh nie beschäftigt, ursprünglich wollten 
          wir alles auf D.I.Y.-Basis lassen. Deshalb hatten wir die "Symmetry 
          Of Decadence" auch komplett in Eigenregie durchgezogen und nur 
          an Magazine verschickt. Aber Huber hat irgendwo eine gute Rezi gelesen 
          und uns um einen Samplerbeitrag angehauen. Wir hatten zu dem Zeitpunkt 
          aber gar keinen Bock auf Sampler und lehnten ab, schickten ihm aber 
          die Cd mit der Anfrage, ob er sie mitvertreiben könne. Tja, und 
          da er von der Scheibe sehr begeistert war, bot er uns dann einen Re-Release 
          und einen Plattenvertrag auf 2 Longplayer an. Da alles sehr unbürokratisch 
          und unkompliziert verlief, waren und sind wir mit Earth A.D. vollauf 
          zufrieden. Ohne die Unterstützung hätten wir unsere Platten 
          nicht in der Form realisieren können, ist schon alles gut gelaufen 
          so. Mittlerweile arbeiten ja auch RAWSIDE mit Earth A.D. zusammen, was 
          uns sehr gefreut hat, denn lange Zeit waren wir doch die einzige Hardcore-Band 
          bei Earth A.D. (er hat sonst noch AMPERSAND, FLYSWATTER, WALLCRAWLER 
          u.a. Klamotten veröffentlicht).  PHILIPP: Die Vinyl-Version von "Onward To Mayhem" hätte 
          Huber auch gemacht, aber wir hatten einfach mal Bock, ein bisschen rumzuprobieren, 
          ob wir auf anderen Vertriebswegen nicht noch ganz andere Leute erreichen 
          können. Daher haben wir uns zum ersten Mal richtig bei ein paar 
          Labels beworben (speziell für dieses Vinyl also), u.a. übrigens 
          auch bei Social Bomb, he he. Und da der Vince von Mass Productions gleich 
          sagte, dass er Bock drauf habe und Klappcopver, dickes Vinyl usw. kein 
          Problem seien, hamwer dat halt gemacht. Cool auch, dass Earth A.D. keinerlei 
          Lizenzknete dafür haben wollten, sondern einfach CD´s gegen 
          LP`s getauscht haben. Da legt uns Huber keine Steine in den Weg, er 
          sieht Veröffentlichungen auf anderen Labels nicht als Konkurrenz, 
          sondern als Werbung für die Band und somit auch für die Platten, 
          die er von uns draußen hat.  Die Kampagne basiert übrigens auf dem D.I.Y.-Prinzip, es ist von 
          Seiten der Betreiber ausdrücklich erwünscht, dass sich jeder 
          das Logo schnappen kann und sich damit ein T-Shirt anfertigen lassen 
          oder Flyer weiterkopieren kann usw. Ich finde es auch sehr erstrebenswert, 
          dass das Logo der Kampagne auf möglichst vielen Hardcore-Platten 
          prangt, denn die Wahrscheinlichkeit, dass die sich ein Fascho dann noch 
          zulegt, dürfte doch erheblich sinken. Auf unserer Seite gibt`s 
          einen Link zur Kampagne, die direkte Adresse ist: http://www.good-night.de.lv/ 
          ! Nett ist immer wieder das Forum, wo sich regelmäßig rechte 
          Dumpfbacken mit unterirdisch dämlichen Sprüchen outen...  PHILIPP: Ich bin zwar kein Experte in Sachen V-Punk, aber nach allem, 
          was ich mitbekommen habe, handelt es sich offenbar nicht um Gerüchte. 
          Der Hauptmacker der Band - ein gewisser Zeljko Topic - kann wohl als 
          Vermieter der Kieler Rotlichtszene bezeichnet werden. Ich kenne ihn 
          allerdings nicht persönlich, aber dieser Umstand wird von Dutzenden 
          Leuten bestätigt. Was ganz klar ist: Nachdem V-Punk zunächst 
          ein (für die Punk-Szene) "normales" Publikum zogen, hat 
          sich das vor ein paar Jahren massiv geändert. Bei einem Konzert 
          in Kiel waren zahlreiche Hell`s Angels und Bones anwesend, die die Punks 
          im Publikum als "Zecken" beschimpft und zusammengeschlagen 
          haben. Der Hammer: Diese Hell`s Angels trugen V-Punk-Shirts und waren 
          dort als Ordner tätig. Nach diesen Ereignissen sind alle anderen 
          Mitglieder aus der Band ausgestiegen und daraufhin hat der Zeljko u.a. 
          einen Musiker aus einer bekannten rechtsradikalen Band dazugeholt ("Kraftschlag" 
          oder wie sich die Penner nennen). Als die hiesige Antifa davon Wind 
          bekam, wurde jeder Versuch, ein V-Punk-Konzert in Kiel stattfinden zu 
          lassen, vereitelt. Bei einem dieser Versuche (wieder mal in einer Disco, 
          die dem Kieler Puff zugehörig ist!) wurden von der Polizei zahlreiche 
          aktenkundig rechtsradikale Personen vorm Klub abgefangen. Die Band hat 
          sich in der Folge von entsprechenden Vorwürfen zu distanzieren 
          versucht, aber ich selbst habe einen Aufkleber der Band mit der Deutschlandfahne 
          und den Worten "Ich liebe Deutschland" gesehen. Das ist zwar 
          nicht rechtsradikal, aber doch sehr fragwürdig für eine angebliche 
          Punkband. Die Band behauptet jetzt, sie habe nichts davon gewusst, dass 
          der betreffende Musiker eine rechte Vergangenheit habe, man wolle nur 
          Musik machen bla bla bla. Solche Statements waren dann ja auch im Plastic 
          Bomb zu lesen, und in #39 bedankt sich der V-Punk-Mainman in einem Leserbrief 
          artig für den Abdruck derselben "mit 2xs freien Fickschein-Gutschein." 
          Soweit meine Sicht der Dinge, mal sehen, ob ich jetzt auch Morddrohungen 
          bekomme wie diverse andere Leute, die sich negativ über V-Punk 
          geäußert haben...  PHILIPP: Doch klar, die "Steamroller" haben wir in Schweden 
          im Sunlight-Studio aufgenommen. War einfach eine Idee von uns, mal wat 
          Anderes auszuprobieren. Denn Ulf Nagel (hat u.a. auch die Scheiben von 
          THE CREETINS, SMOKE BLOW, TURBOSTAAT etc. produziert) hatte ja bereits 
          alle vorherigen Aufnahmen gemacht und zudem zu der Zeit kein Studio 
          zur Verfügung. Und so riefen wir einfach mal bei Tomas Skogsberg 
          durch und waren erstaunt, dass er recht kurzfristig Zeit hatte und der 
          Preis recht human war. Unser Label hat dann gesagt, dass sie die Produktion 
          löhnen, wir aber Reise- und Übernachtungskosten selber tragen 
          müssen. Die Geschichten von 5 Bonehouse-Asis in einem 4-Bett Zimmer 
          einer Stockholmer Jugendherberge verkneif ich mir jetzt mal... Ja, der 
          Sound ist gut geworden, die Fahrt hatte sich gelohnt. ABER: Wir wussten, 
          dass Ulf - mittlerweile wieder mit festem Studio, besserem Equipment 
          und vor allem noch mehr Erfahrung - das toppen kann. Während wir 
          in Schweden ständig den Zeitdruck im Nacken hatten, konnten wir 
          diesmal mit Ulf alles in Ruhe angehen und die Songs schon im Vorfeld 
          mit ihm durchsprechen. Ulf kennt uns alle ja seit Ewigkeiten und weiß, 
          wie er dat Maximale aus jedem Einzelnen rauskitzeln kann. Das hat er 
          dann auch perfekt umgesetzt und im Studio eine Live-Atmosphäre 
          erzeugt. Das Schlagzeug wurde gleich von zwei Klampfen begleitet, die 
          dann komplett auf der Aufnahme bleiben konnten und jeder Song wurde 
          höchstens in zwei Takes eingerotzt. Wenn dann irgendwas nicht hingehauen 
          hat, sind wir lieber erstmal zum nächsten Titel übergegangen, 
          statt etwaige Verkrampftheit aufkommen zu lassen. So knallt die Scheiße! PHILIPP: Die 7" über OFFENZ LINE ist bereits im Presswerk 
          und soll schon auf der Tour verscherbelt werden. Wenn dat Inti hier 
          erscheint, sollte man dat Schmuckstück also schon beim Mailorder 
          seines Vertrauens erwerben können. Enthalten sind mit "Wankers" 
          und "Lawless War" übrigens 2 Songs, die wir ursprünglich 
          mit auf die "Onward To Mayhem" packen wollten. Doch dann hätte 
          das Ding über 50 Minuten auf dem Buckel gehabt, was uns doch etwas 
          zu lang erschien. Es war gar nicht einfach, sich darauf zu einigen, 
          welche Songs wir nu weglassen sollen, aber es gibt ja keinen Streit, 
          den eine kleine bandinterne Schlägerei nicht lösen könnte... 
          Beide Songs sind typische BONEHOUSE-Brecher mit fiesen Riffs und Mitgröhl-Refrains. 
          "Wankers" handelt von der Zersplitterung der Punk/HC-Szene 
          in viele kleine Subgenres, was meiner Meinung nach Ineffektivität 
          zur Folge haben kann, denn wie sollen wir unsere wahren Feinde bekämpfen, 
          wenn wir damit beschäftigt sind, uns gegenseitig die Köpfe 
          einzuschlagen? Und "Lawless War" hat einen klasssischen Anti-Kriegs-Text 
          in der Tradition von DISCHARGE.  PHILIPP: Richtig, der Lemmi von OFFENZ LINE hat uns bereits auf der 
          letzten Tour mit SMOKE BLOW angehauen und uns mit einem koketten Augenaufschlag 
          signalisiert, dass er gern unsere nächste Scheibe rausbringen wolle. 
          Doch wir blieben unserem Label treu, konnten ihm aber immerhin eine 
          Split-10" mit THE FYREDOGS anbieten. Zu diesem Zeitpunkt hießen 
          die übrigens noch RUN FAT BOY RUN und haben eher Hardcore gespielt, 
          später benannten sie sich dann um und zocken nun Punk`n`Roll. Das 
          kann man auch auf der 10" hören, auf der sich die beiden Bands 
          mit je einem Srück gegenseitig covern (neben jeweils zwei eigenen 
          Songs). Das ist nicht nur musikalisch recht kontrastreich ausgefallen, 
          sondern auch in der Hüllengestaltung: THE FYREDOGS zeigen brennende 
          Würfel, Flammen und `nen Totenkopp, wir ein im Abriss befindliches 
          Gebäude.  PHILIPP: Gerne: Tatsächlich ist das nicht irgendein Haus. Jedem 
          Kieler, der irgendwas mit der hiesigen Underground-Szene zu tun hat, 
          dürfte bei dem Photo das Herz bluten, denn in diesem charmanten 
          Haus befanden sich unter dem Namen "Musico-Gebäude an der 
          Hörn" ein Klub und zahlreiche Proberäume. Die Gigs fanden 
          im oberen Stockwerk statt, direkt hinter der Bühne befand sich 
          eine Fensterfront, durch die man man direkt auf den Kieler Hafen blicken 
          konnte! Einmalige Atmosphäre also. Hier wurden bis 1999 viele unvergessliche 
          Gigs von Punk-, Hardcore- und Metalbands aus aller Welt gespielt. Wir 
          selber haben unsere Release-Gigs zu den ersten drei Platten dort durchgezogen 
          und auch als Besucher immer mörderischen Spaß dort gehabt. 
          Offiziell war das Ding nicht für Auftritte genehmigt, daher durften 
          nur Parties mit bis zu 100 geladenen Gästen dort stattfinden. Bei 
          Konzerten konnte dann jederzeit ein Verteter der Stadt vorbeikommen 
          und dat kontrollieren, man saß dann an der Kasse und hat mit unschuldiger 
          Miene eine Fake-Strichliste mit 80 Strichen oder so präsentiert, 
          während oben der Punk abging. Tatsächlich hatten wir beim 
          beim "Steamroller"-Release-Gig 280 zahlende Gäste... 
          Mitte `99 wurde das Musico-Gebäude dann brutal abgerissen, jegliche 
          Proteste halfen nix, locker 40 Bands wurden ohne wirkliche Alternative 
          vor die Tür gesetzt und auch Klub-technisch bleibt in Kiel mit 
          der Meierei nur noch ein Laden für Punk/HC-Subkultur. Ein Computerzentrum 
          wurde dorthin gestellt, und als Pseudo-Ersatz wurde der Musico e.V. 
          ein verrotteter Bunker angeboten, dessen Renovierung (ca. 200.000,- 
          DM!) sich kein Arsch leisten konnte. PHILIPP: Ich wünschte, ich könnte Dir berichten, dass wir 
          es mit 1000 mutigen Punkern gestürmt und abgerissen hätten! 
          Aber da steht es, ganz schick jetzt an der modern sanierten Kieler Hörn, 
          mit gigantischer Fenster-Front in Wellenform und einem tollen Namen 
          ("ision"). Und das Schlimmste: Jeden Tag muss ich da mit dem 
          Fahrrad vorbei fahren und den Anblick ertragen! Immer wenn ich Zeit 
          hab, halte ich kurz an und uriniere an die Seitenwand...  PHIIPP: Waren die früheren Texte Metal-mäßiger? Das würde mich wirklich interessieren, denn als Verantwortlicher habe ich da natürlich wenig Distanz. Ich habe mich nie an irgendwelchen Genres oder Schubladen orientiert, sondern einfach über Dinge geschrieben, die mir persönlich wichtig oder interessant erschienen. Einfach gesagt: Schon auf "Symmetry Of Decadence" und "Dogbite" habe ich mich ordentlich ausgekotzt über alles, was mir auf die Nerven ging. Das waren z.B. die Verlogenheit unseres sogenannten Sozialstaates, der die Kluft zwischen arm und reich permanent größer werden lässt ("Kicked Into Poverty"), Waffenschieber & Kriegstreiber ("Living In The Cold"), Individualität ("Why Should I ?") oder blinder Befehlsgehorsam ("Unanswered Prayer"). Aber trotzdem hast Du nicht Unrecht, wenn Du sagst, dass da eine Veränderung bei uns stattgefunden hat. Zum einen habe ich allen überflüssigen lyrischen Ballast über Bord geworfen und gehe die Sachen schon von der Wortwahl direkter an, was sich in offensiveren Texten und Titeln niederschlägt (z.B. "Shove That Money Up Your Ass", "I Don`t Think So", "Disarm Charlton Heston" oder "You Won`t Change Me"), die natürlich auch punkiger wirken. Und das hat direkt mit einer zweiten Änderung zu tun: Dem Älterwerden (glaube ich)! Mit 34 sehe ich die Dinge mittlerweile anders, differenzierter, mit noch mehr Wut im Bauch und vor allem mit einem ganzen Sack von Erfahrungen mehr in der Hinterhand. Für mich haben sich mit der Zeit diverse Positionen verfestigt und deshalb vertrete ich nach fast 10 Jahren BONEHOUSE antifaschistische und antidiskriminierende Inhalte mit defintiv größerer Vehemenz. Um ein konkretes Beispiel dieses Prozesses zu geben: Früher habe ich mir über sexistische Texte von z.B. LOKALMATADORE (die ich ansonsten sehr geil finde!) weit weniger Gedanken gemacht und habe diesen Bereich zumindest toleriert, heute jedoch habe ich einfach aufgrund eines Lernprozesses den Hals voll, wenn ich solche Scheiße höre. Mittlerweile weiß ich eben beispielsweise, dass mit internationalem Frauenhandel mehr Kohle gescheffelt wird als mit dem gesamten internationalen Waffenhandel! Und die kalte Wut über diese Zustände wird sich auch in den nächsten Songs niederschlagen, einer heißt z.B. "Cock Rock Bullshit", wo diese ganzen Möchtegern-Schwanzrocker fett was auf die Fresse kriegen... Ich kriege halt das Kotzen, wenn ich in sog. PUNKROCK-zines gucke und diese coolen Typen sehe, die vor fetten Autos und mit nackten Frauen posieren! IHR SAUGT, IHR SCHEIßPOSER!!! 
 PHILIPP: Den Robin Williams kenn ich nur vom Namen her, aber bei aller Ernsthaftigkeit, die hinter den Texten steckt, finde ich doch, dass ein Live-Gig Spaß machen soll. Ich kann da wirlich nicht aus meiner Haut, ich muss auf der Bühne Scheisse labern! Ich denke aber, dass die Leute trotzdem mitkriegen, dass hinter der "Show" einiges an Aussage steht. Letztendlich ist Humor für mich ein ganz wichtiger Bestandteil des Punk, allerdings eine ganz bestimmte Art von respektlosem, schwarzem Humor, der der Fratze der alltäglichen Schrecken ins Gesicht lacht. Es ist eine gewisse Gradwanderung: Ich will weder zum Entertainer verkommen, der sein Programm stupide runterspult, noch will ich das Publikum mit aufklärerischer Wichtigtuerei nerven. Denn ich bin mir bewusst, dass ich nur meine Meinung vertrete, die nicht mehr Bedeutung hat als die von jedem anderen Freak. Daher versuche ich bei jedem Gig einfach völlig aus dem Bauch heraus zu agieren und das zu machen, wonach ich mich gerade fühle. Das klappt nicht immer, ist schon oft in die Hose gegangen, aber so bleibt die Geschichte für mich und damit vielleicht auch für andere interessant. 
 PHILIPP: He, he - als eine Art Therapie kann man das wohl tatsächlich bezeichnen! Ich bin mir ganz sicher, dass es mir verdammt gut tut, regelmäßig alles rauszubrüllen, was sich an negativen Emotionen in mir aufstaut. Das alte Kartharsis-Argument halt. Würde sicherlich so einigen Leuten auch helfen, die tagsüber ihre Arschbacken zusammenkneifen und dann nach Feierabend zwanghaft versuchen, die Sau rauszulassen... 
 PHILIPP: Alder, wat `ne Frage! Scheißt ein Bär in den Wald? Natürlich! Ändert ein alter Hardcore-Hund seine Gewohnheiten? Natürlich nicht! Und alle Mitglieder von BONEHOUSE hatten nun mal schon lange vor Gründung dieser Band Blut geleckt und in diversen Punk-, HC- und Metalkapellen gezockt. Kalle sogar schon seit `81 bei ANTI-POLICE, später dann bei THE SCAPEGOATS und noch später bei GO AHEAD. Wir kannten uns natürlich schon seit den frühen Achtzigern, irgendwann hat Kalle sogar mal bei meiner damaligen Primitiv-Deutsch-Punk-Band A.L.D.I. vorgegespielt, aber die Band hat ihn als zu schlecht empfunden!!! Als Kalle und ich uns nach Auflösung unserer vorherigen Bands dann endlich zusammentaten, um unserem Hass auf DAS VERFICKTE SCHEISSSYSTEM freien Lauf zu lassen, wilderten wir in den Jahren frech bei anderen Kieler Bands und stahlen SCHIZOPHRENIA den Klampfer (Helge), SUB-EFFECT den Bassisten (Martin) und später auch noch den Klampfer (Pete) sowie (nach Helges Ausstieg) den DESPERADOS einen weiteren Klampfer (Späthi), was natürlich zur völligen Annihilierung erwähnter Bands geführt hat. Doch wir empfanden keine Scham bei unserem Treiben! Was sollten wir anderes tun? Für Fussball zu unsportlich, für Discos zu asozial und für Break-Dance nur Verachtung im Blut... 
 PHILIPP: Naja, da wir (Kalle und ich) schon damals nix drauf hatten außer primitivem Geknüppel und gutturalem Gebrüll, mußten wir halt erstklassige Saitenakrobaten aus fähigen Bands rekrutieren, damit irgendwelche Songs entstehen. Die haben es wohl auf den ersten Releases geschafft, irgendwelche niveauvollen Death Metal-Einflüsse unterzubringen, doch nach ein paar Jahren mit uns auf der Bühne (was nichts anders bedeutet als zahllose Schläge mit dem Mikro auf den Hinterkopf... Es gibt kein schöneres Opfer als so ein Gitarrist/Bassist, der seine Saiten zupfen muss!), hatten wir ihr Musikverständnis auf unseres reduziert. Insofern schon eine verdammt gezielte Änderung... Das mit dem Muppet-Drumstil stimmt nebenbei gesagt natürlich auch! Wir stellen Kalle bei jedem neuen Song vor die Wahl: "Spiel Beat A oder Beat B!" Falls es noch mehr Takte geben sollte, sind die zumindest Kalle nicht bekannt... 
 PHILIPP: Nun verleitest Du mich ja wirklich zum Plaudern aussem Nähkästchen... Ganz im Ernst nu: Da brennt wirklich oft ganz schön die Luft, wenn es ums Erarbeiten neuer Songs geht! Eine Band, in der nur ein Macker diktiert, was musikalisch ablaufen soll, hat es vermutlich einfacher. Da aber bei BONEHOUSE jeder seinen Senf dazugibt, kann das schon mal in ...äh... Diskussionen enden. Es gibt aber keinen, der sich letztendlich irgendwie häufiger durchsetzt, jeder bringt seinen Einfluß in dat Gesamtmachwerk ein! Also dat alte Motto: HODEN AN DIE WAND! 
 PHILIPP: Jegliche zeitlichen und räumlichen Grenzen der Scham haben wir schon längst überwunden. Uns ist mit Mitte 30 eher gar nix mehr heilig und daher stehen wir auch zu zehn verschwendeten Jahren auf der Straße, in irgendwelchen verschimmelten Proberäumen und sündhaft teuren Studios. Und wenn ich so sinniere, dann sind 10 Jahre BONEHOUSE in unserer schnelllebigen Zeit wahrlich ein Grund zum Feiern!! Ich selber habe andere Bands immer respektiert, die Werte der Beständigkeit und Kontinuität hochgehalten haben. Und daher werden wir dat allerdings fett feiern. Es wird auf jeden Fall in Kiel eine Art Jubiläums-Gig geben, Davon abgesehen sollte ja nächstes Jahr auch irgendwie die nächste Scheibe von uns rausgehauen werden und vielleicht gibt es dazu ja auch eine Tour. Beschissene 10-Jahre-Raritäten-Sampler wird es aber ganz sicher nicht geben! Da machen wir lieber geile neue Sachen, als irgendwelche bereits veröffentlichten Sachen unter neuem Namen nochmal rauszubringen... He, übrigens hat Lemmy mit MOTÖRHEAD auch erst losgelegt, als er 30 war! Das macht doch Hoffnung! 
 PHILIPP: Da haste recht, so seit 1999/2000 können wir uns nicht über mangelnde Gig-Angebote beklagen. Glück? Bestechung? Jedenfalls alles ohne dickes Management oder sonstige "professionelle Strukturen" im Rücken. Earth A.D. sind für Booking-Geschichten zu klein, alle Kontakte haben wir uns also selbst erarbeitet. Allerdings ist da irgendwann dieser Typ namens Boller aufgetaucht, der sich immer häufiger bei uns in den Bus mit rein gezwängt hat. Irgendwann hat der noch zusätzlich Auftritte rangeschleppt und nun werden wir ihn nicht mehr los und flehen ihn an, uns auch ab und zu mal frei zu geben.... Da das FORCE ATTACK ja schon das größte Punker-Festival in Deutschland ist, war das für uns natürlich auch eine eher große Geschichte. Cheers to Veranstalter Imre, der uns ganz unbürokratisch auf eine einfach von mir hingeschickte CD eingeladen hat! Nach der Tour im Oktober mit RAWSIDE gibt`s erstmal diverse Wochendkonzis, guckt diesbezüglich immer mal auf unsere Seite www.bonehouse.de. Es sind einige Sachen mit befreundeten Bands fürs nächste Jahr geplant, aber bevor nix 100%ig feststeht, möchte ich da nix verraten, O.K.? 
 PHILIPP: Du bist zwar erschreckend gut über uns informiert, aber in bezug auf Kalle lautet die Frage definitiv: Was DARF Kalle? Vor der Show nämlich grundsätzlich garnix! Da wird Kalle heutzutage generell in Ketten gelegt, um sämtliche potentiellen Entgleisungen auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Das war nicht immer so, wurde aber zwingend nötig, als wir merkten, dass sämtliche Alkohol-Vorräte bereits vor Showbeginn geleert wurden und auch diverse Klubs obskure Rechnungen über zerstörte Inneneinrichtungen verlangten. Aber die Zwangsmaßnahme hat den Vorteil, dass Kalle doppelt so heftig in sein Schlagzeug drischt, wenn er losgelassen wird. Klar - er muss die aufgestauten Energien loswerden und will möglichst schnell an den Kühlschrank! Und auch schön: Seitdem Kalle in Ketten liegt, sind die bandinternen Blessuren merklich zurückgegangen... Das mit den "Groupies" verzeihe ich Dir nochmal, denn vielleicht ist Dir das Symbol des ANKERS entgangen, welches viele unserer Cover/T-Shirts ziert! Und so ein Anker steht nun mal für Bodenständigkeit, für das "Verhaftet-Sein-An-einer-Stelle." Da läuft nichts mit freier Liebe oder ähnlichem Hippie-Schweinkram! Nein, wir sind unseren Gemahlinnen treu im Zeichen des Ankers. TOD ZU FREIER LIEBE IM ZEICHEN DES ANKERS! Äh, ja. Was war noch? Bierholen? Du meinst doch nicht etwa, dass das etwas mit der Hierarchie innerhalb der Band zu tun hat? Das würde ja heißen, dass ich... VERDAMMT - igendwas läuft hier schief! 
 PHILIPP: Lewe! Noch so ein Typ, der plötzlich da war und nicht wieder gegangen ist! Nur hat Lewe irgendwann den Mixer eines Klubs beiseite geschoben und an den ganzen tollen Knöpfen so lange rumgedreht, bis alle Anwesenden Fönfrisuren hatten (und das will heißen bei den ganzen Rastas, Zottels und Struwwellpeters im Publikum). Das hat uns imponiert - und so isser nu fest dabei als unser amtlicher Mischer. Nach anfänglicher Soundfindungsphase klappt das ganz hervorraggend, und der MITTELGROßE, DURCHSCHNITTLICH HÜBSCHE SKINHEAD hat mit uns eine tolle Zeichensprache ausbaldowert, die unendlich lange Gespräche mit hauseigenen Mischern perfekt ersetzt: Daumen nach oben: "Lauter, Mann!". (Für die richtige Handhabung dieses Zeichens brauchte Kalle ziemlich lange, hielt er es doch irrtümlich für "O.K. Super so.", was dann doch für Verwirrung und Tinnitus sorgte), Daumen nach unten: "Leiser, verdammt". Daumen in den Arsch: "Heute Nacht ich, Lewe!". 
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